AG Bremen, Urteil vom 16.11.2016 – 6 C 271/16

Im Namen des Volkes Urteil
In dem Rechtsstreit

S. Inkasso GmbH, vertr. d. d. GF, Berlin
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …, Berlin

gegen

S. H., Bremen
Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte Freddy & Heino Beier, Gröpelinger Heerstr. 387, 28239 Bremen,

hat das Amtsgericht Bremen im Verfahren gem. § 495 a ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 10.11.2016 am 16.11.2016 durch die Richterin K. für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 438,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 16 %, der Beklagte trägt 84 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

1. Unstreitig hat die Klägerin gegen den Beklagten einen fälligen Anspruch auf Zahlung von 438,04 EUR aus dem zwischen dem Beklagten und der … GmbH geschlossenen Stromlieferungsvertrag vom 30.10.2010/04.01.2011 i.V.m. § 433 Abs. 2 BGB im Wege der Abtretung durch den Insolvenzverwalter der … GmbH erworben, §§ 398 BGB, 80 InsO.

2. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Ein Anspruch auf Verzugszinsen aus §§ 288, 286 BGB besteht dagegen nicht. Der Beklagte ist durch die vorprozessualen Zahlungsaufforderungen der … GmbH, des Insolvenzverwalters und der Klägerin nicht in Verzug geraten, weil hierbei jeweils Zahlungen des Beklagten und Gutschriften zu seinen Gunsten in Höhe von fast 900 EUR – etwa das Doppelte des tatsächlich geschuldeten Betrages – nicht berücksichtigt wurden, so dass jeweils eine weit übersetzte Leistung verlangt wurde. In diesem Falle kann der Gläubiger aus der Mahnung keine Rechte herleiten (BGH NJW 1991, 1286; NJW 2006, 3271; Münchener Kommentar-Ernst, 7. Auflage 2016, § 286 Rn. 51).

3. Da sich der Beklagte vorprozessual nicht in Verzug befunden hat, kann die Klägerin auch keinen Ersatz von Mahn- und sonstigen vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB verlangen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, sind die Kosten gemäß § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Bei einer verhältnismäßigen Teilung ist grundsätzlich der Gebührenstreitwert als Verteilungsmaßstab heranzuziehen. Wird die Klage jedoch hinsichtlich Nebenforderungen abgewiesen, die bei Bildung eines fiktiven Streitwertes aus Hauptforderung, Zinsen und weiteren Nebenforderungen mindestens 10% ausmachen, ist das entsprechende Unterliegen bei der Bemessung der verhältnismäßigen Teilung zu berücksichtigen.

Denn es kommt allein auf ein Unterliegen/Obsiegen, nicht aber den Rechtsgrund hierfür an; dass Nebenforderungen sich gemäß § 4 Abs. 1 ZPO nicht streitwerterhöhend auswirken, steht dem nicht entgegen (vgl. dazu bereits BGH, Urteil vom 09.11.1960, VIII ZR 222/59; BGH, Urteil vom 28.04.1988, IX ZR 127/87; BGH, Urteil vom 04.06.1992, IX ZR 149/91; aus jüngerer Zeit OLG Koblenz, Urteil vom 13.07.2006, 7 U 1801/05, und OLG Schleswig, Urteil vom I I . 09.2008, 16 U 15/08; aus der Literatur statt vieler Herget, in: Zoller, ZPO, 29. Auflage 2012, 92 Rn. 11; Lackmann, in: Musielak, ZPO, 11. Auflage 2014, § 92 Rn. 4). So liegt der Fall auch hier. Der fiktive Streitwert beträgt vorliegend 549,97 EUR (438,04 EUR Hauptforderung + 40,95 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten + 2,50 EUR Mahnkosten + 42,19 EUR Zinsen bis Rechtshängigkeit + 16,29 EUR Zinsen ab Rechtshängigkeit bis zum Schluss der Verhandlung). Hinsichtlich der Nebenforderungen unterliegt die Klägerin nach dem Oben gesagten zu 85,64 EUR (40,95 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten + 2,50 Mahnkosten + 42,19 EUR Zinsen bis Rechtshängigkeit), also in Höhe von 16 % des fiktiven Gesamtstreitwerts (85,64 EUR/549,97 EUR). In diesem Umfang hat sie daher die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Eine Kostenentscheidung nach § 93 ZPO zu Lasten der Klägerin kam dagegen nicht in Betracht, da der Beklagte die Hauptforderung nicht anerkannt, sondern auch diesbezüglich Klagabweisung beantragt hat, obwohl die Forderung spätestens mit der Anspruchsbegründung ohne weiteres nachvollziehbar war.

III. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11,711,713 ZPO.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt oder
wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht Bremen zugelassen worden ist.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen; eine Versicherung an Eides statt ist nicht zulässig.

Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich beim Landgericht Bremen, Domsheide 16, 28195 Bremen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bremen zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Bremen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

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