AG Bremen, Urteil vom 31.08.2017 – 5 C 53/17

Amtsgericht Bremen

Im Namen des Volkes

Anerkenntnisurteil und Urteil

In dem Rechtsstreit

S. Inkasso GmbH, Berlin
Klägerin

Prozessbevollmächtigte: … Rechtsanwälte, Berlin

gegen

C. N., Bremen
Beklagte

Prozessbevollmächtigter: RA Heino Beier, Gröpelinger Heerstraße 387, 28239 Bremen

hat das Amtsgericht Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 10.08.2017 durch die Richterin am Amtsgericht M. für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 104,60 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht Begleichung von Entgeltansprüchen aus einem Stromlieferverhältnis zwischen der Beklagten und der FlexStrom AG.

Die Beklagte war vom 01.04.2010 bis 31.03.2013 von der FlexStrom AG mit Strom beliefert worden. Die Verbrauchsstelle befand sich in der C. Str. in 21745 Hemmoor, wobei der Verbrauch über den Zähler mit der Zählernummer … erfasst wurde. Mit Schreiben vom 12.12.2012 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit Wirksamkeit zum 31.03.2013. Die FlexStrom AG bestätigte der Beklagten mit Schreiben vom 07.01.2013 die Kündigung und meldete sie aus der Versorgung zum 31.03.2013 ab.

Über das Vermögen der FlexStrom AG wurde sodann mit Beschluss vom 01.07.2013 durch das Amtsgericht Charlottenburg (AZ.: …) das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. S.-K. zum Insolvenzverwalter bestellt.

Die FlexStrom AG i.l. erstellte nachfolgend unter dem 02.10.2013 die streitgegenständliche Schlussrechnung Nr. R… für die Verbrauchszeit vom 01.04.2012 bis 31.03.2013, die mit einer Nachforderung von € 2.807,47 endete. Diese Rechnung wies einen Anfangszählerstand zum 01.04.2012 von 87234,2 kWh und einen Endzählerstand zum 31.03.2013 von 1657,0 kWh aus. Die Beklagte wurde vergeblich unter Fristsetzung zum Ausgleich der € 2.807,47 seitens des Insolvenzverwalters aufgefordert.

Am 03.12.2013 erfolgte die Korrektur einer fehlerhaften Übertragung des Zählerstandes vom 31.03.2013 nach unten auf 91657,0 durch den Netzbetreiber im Rahmen des elektronischen Datenaustauschs per EDIFACT Datei nach GPKE-Beschluss. Dies fiel dem Insolvenzverwalter nicht auf. Die Klägerin erwarb per Forderungskaufvertrag eine angebliche Forderung über € 2.807,47 von dem Insolvenzverwalter, der diese Forderung zudem mit Abtretungsvereinbarung vom 23.02.2016 an die Klägerin abtrat.

Die Klägerin hat in diesem Verfahren die Beklagte zunächst auf Zahlung von € 2.807,49 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.11.2013 sowie € 6,50 und € 281,30 vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch genommen.

Nachdem die Beklagte einen niedrigeren Endzählerstand eingewandt hat, hat die Klägerin eine Korrektur der Rechnung R… vom 02.10.2013 nach unten auf einen Nachforderungsbetrag von nur € 104,60 vorgenommen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dennoch die abgetretene Forderung von € 2.807,49 in voller Höhe von der Beklagten fordern zu können, denn die FlexStrom AG habe nichts dafür gekonnt, dass ihr falsche Daten genannt worden seien. Die Beklagte habe hingegen eine vertragliche Mitwirkungspflicht gehabt, rechtzeitig den korrekten Zählerendstand mitzuteilen.

Sie beantragt unter Rücknahme im Übrigen,

die Beklagte zu verurteilen, an sie € 2.807,49 zu zahlen.

Die Beklagte erkennt die Forderung in Höhe von € 104,60 an und beantragt im Übrigen

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, sich unverzüglich nach Erhalt der streitgegenständlichen Rechnung an die FlexStrom AG i.l. gewandt und auf den fehlerhaften Zählerendstand hingewiesen und um eine korrigierte Schlussrechnung gebeten zu haben.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat nur hinsichtlich des von der Beklagten anerkannten Teils Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

Die Klägerin hat keinen weitergehenden Anspruch in Höhe von € 2.702,89 aus abgetretenem Recht gemäß §§ 398, 433 Abs. 2 BGB analog gegen die Beklagte.

Unstreitig ist zwar zwischen der Beklagten und der FlexStrom AG ein Stromlieferungsvertrag zustande gekommen. Ebenso unstreitig ist, dass die Forderung aus diesem Vertragsverhältnis gegen die Beklagte auf die Klägerin durch Abtretungsvertrag übergegangen ist.

Allerdings beläuft sich die rechnerische Entgeltforderung korrekterweise nur auf einen Betrag in Höhe von € 104,60, wie die Klägerin auch einräumt. Denn die Beklagte hat unstreitig nur Strom in dem Umfang bezogen, der als Gegenleistung einen Nachforderungsbetrag von € 104,60 nach sich zieht.

Welche Daten insoweit zwischen dem Netzbetreiber und der FlexStrom AG ausgetauscht worden sind, ist hier unerheblich. Die Beklagte hat von der Kommunikation der Marktpartner untereinander auf dem Strommarkt keine Kenntnis. Diese Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität (GPKE, vgl. auch Anlage zum Beschluss BK6-06-009 der Bundesnetzagentur) unter Verwendung des elektronischen Datenaustausches mit EDIFACT laufen ohne Beteiligung des Endkunden, also der Beklagten. Es ist daher Aufgabe des Stromlieferanten, eine Änderungsmitteilung des Netzbetreibers im elektronischen Datenverkehr überhaupt erst einmal zur Kenntnis zu nehmen und dann adäquat zu reagieren. Im Übrigen wird der Stromlieferant, die Flexstrom AG, dann auch ein geringeres Entgelt gegenüber ihrem eigenen Lieferanten entrichtet, ggfls. eine Gutschrift erhalten haben.

Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch nach § 280 BGB wegen Verletzung einer Nebenpflicht in Form einer unterlassenen Mitteilung des korrekten Zählerendstandes durch die Beklagte zu. Die Klägerin hat hierzu bereits nicht schlüssig vorgetragen. Sie gibt nicht an, worin konkret ein Schaden bestehen sollte, der € 2.702,89 ausmacht. Ein Schaden kann jedenfalls nicht darin liegen, dass eine ohne Leistungserbringung falsch berechnete Forderung nicht mehr gefordert werden kann. Im Übrigen hat die Klägerin für eine Pflichtverletzung der Beklagten keinen Beweis angetreten. Denn die Beklagte hat substantiiert bestritten, es unterlassen zu haben, den richtigen Zählerstand mitzuteilen, vielmehr angegeben, sich unverzüglich nach Rechnungserhalt an die FlexStrom AG i.l. gewandt und um eine korrigierte Rechnung nachgesucht zu haben.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1,93, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Beklagte war schon deshalb nicht an den Kosten des Rechtsstreits zu beteiligen, weil der anerkannte Betrag so geringfügig ist, dass § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Anwendung kommt. Im Übrigen hat sie nach Erhalt der korrigierten Schlussrechnung den korrekten Nachforderungsbetrag auch sofort anerkannt.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

– wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt oder
– wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht Bremen zugelassen worden ist.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist glaubhaft zu machen; eine Versicherung an Eides statt ist nicht zulässig.

Die Berufung muss binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich beim Landgericht Bremen, Domsheide 16, 28195 Bremen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten. Die Gerichtssprache ist deutsch.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Bremen zu begründen.

Die Parteien müssen sich vordem Landgericht Bremen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

M.
Richterin am Amtsgericht

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