AG Bremen, Beschluss vom 07.04.2014 – 85 Ds 681 Js 64260/12 (9/14)

In der Strafsache

gegen

C. A.

alias J. M. *1.1.83 in Beirut,

geboren am 05.02.1984 in ömerli (Türkei), wohnhaft …, Bremen, ledig, Staatsangehörigkeit: libanesisch,

Verteidiger: Rechtsanwalt Heino Beier, Gröpelinger Heerstr. 25-31, 28239 Bremen

wegen gefährlicher Körperverletzung

wird die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeschuldigten trägt die Staatskasse.

Gründe:

Die Eröffnung des Hauptverfahrens war abzulehnen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. § 203 Strafprozessordnung (StPO) setzt für die Eröffnung des Hauptverfahrens hinreichenden Tatverdacht nach dem Ergebnis des vorbereitenden Verfahrens voraus. Hinreichend ist ein Tatverdacht, wenn die spätere Verurteilung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Freispruch. Dabei können insbesondere auch Belastungszeugen einer Glaubwürdigkeitsprüfung unterzogen werden (Meyer-Goßner, 56. A. 2013, § 203 StPO Rn 2). Gleiches gilt für die Glaubhaftigkeit der Aussagen im Ermittlungsverfahren. In Zweifelsfällen soll die Beweiswürdigung nicht nach Aktenlage vorgenommen werden, sondern nach der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung.

Danach ist die Verurteilung des Angeschuldigten nach dem bisherigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens unwahrscheinlich. Der Angeschuldigte hat sich nicht zur Sache eingelassen. Einziger Belastungszeuge ist der Geschädigte S. B.

Dieser nicht vorbestrafte Angeschuldigte hat bereits in der Tatnacht gegenüber der Polizei angegeben, kein Interesse an der Strafverfolgung zu haben und den Täter weder zu kennen noch wiedererkennen zu können (BI 5 d. A.). In seiner späteren Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft gab er an, der Täter heiße … oder … und sei Teil einer Gruppe von ca. 10 Arabern und „Zigeunern“, die ihn umzingelt hätten (BI. 50R). Als die Polizei eintraf, sei der Täter noch vor Ort gewesen. Dessen Bruder und Schwager hätten ein Autohaus in X neben der Araltankstelle (BI. 51 d.A.).

Der Zeuge und zwischenzeitliche Beschuldigte …, der in der Tatnacht vor Ort und bereits dort von der Polizei befragt worden war, gab gegenüber einem Polizeibeamten anlässlich einer Verkehrskontrolle am 03.09.2012 auf den Vorhalt, er habe doch den Geschädigten mit dem Hammer geschlagen, an: „Ja, ich muss doch meine Kinder beschützen!“ (BI. 60).

Als dem Geschädigten später eine Wahllichtbildvorlage mit 8 Bildern, darunter dem des Beschuldigten … vorgelegt wurde, gab er an, diesen zu kennen, der sei aber nicht der Täter, vielmehr sei der … der Täter (BI. 85). Ein Bild des … war nicht Teil der Wahllichtbildvorlage. Zu einer späteren Identifizierung des Angeschuldigten mittels anderer Wahllichtbildvorlage erschien der Geschädigte nicht mehr.

Objektive Spuren, etwa am aufgefunden, aber am Tatort belassenen Hammer, die auf den Angeschuldigten als Täter deuten, gibt es nicht. Ebenso wenig sind andere Zeugenaussagen vorhanden, die den Angeschuldigten als Täter erkannt haben wollen.

Bei dieser Sachlage wird die bloße Nennung des Namens des Angeschuldigten nicht zu einer Verurteilung führen. Es bestehen bereits jetzt erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des einzigen Belastungszeugen. Die Belastung des Angeschuldigten ist die dritte Version seiner Geschichte, nachdem er zunächst den Täter garnicht kennen wollte und sodann einen gewissen … beschuldigte. Es bleibt unklar, warum ausgerechnet die letzte Version diejenige sein soll, die der Wahrheit entspricht. Bislang hat er nur einen Namen genannt, ohne die Person auf Bildern zu identifizieren und nachvollziehbar darzulegen, weshalb die vorherigen Angaben wahrheitswidrig zu Protokoll gegeben wurden. Die Aussage selbst enthält keine Details zu den Hintergründen der Tat und den Einzelheiten des Abends und einer möglichen Motivlage.

Darüber hinaus sprechen gewissen Gründe für die Täterschaft des …. Dieser hatte seine Täterschaft gegenüber der Polizei angedeutet. Eine Eingabe der Begriffe „… Auto“ auf der Seite google.de führt im Übrigen zu dem Ergebnis „… Autoteile Bremen …“. Die X- Straße  ist die Anschrift der Araltankstelle. Der Geschädigte hatte in seiner zweiten Vernehmung ausgesagt, dem Bruder und Schwager des Täters gehöre ein Autohandel neben der Araltankstelle. Dies stützt die Möglichkeit, dass nicht der Angeschuldigte, sondern … der Täter ist, obgleich der Tatverdacht gegen diesen die Schwelle zum hinreichenden Tatverdacht noch nicht überschreiten dürfte.

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