AG Bremen, Urteil vom 08.03.2011 – 9 C 0118/11

Zum Anspruch des Mieters auf Erstattung von vorgerichtlich verauslagter Gutachterkosten zur Feststellung von Mängeln der Mietsache. Die Einholung des Gutachtens stellte ein sachgerechtes Verhalten dar, da es der Vermeidung eines gerichtlichen Rechtsstreits diente.

Verkündet am 08.03.2011

Amtsgericht Bremen

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

hat das Amtsgericht Bremen im schriftlichen Verfahren, in dem der 23.02.2012 dem Tag der letzten mündlichen Verhandlung entsprach, durch Richter am Amtsgericht Dr. W. für Recht erkannt:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 465,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2010 zu zahlen.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß § 313a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Beklagte hat Anspruch auf Erstattung der im Verfahren 12 C 235/07 vorgerichtlich verauslagten Gutachterkosten in Höhe von 465,29 (§§ 535, 280 I BGB).

Bei den streitgegenständlichen Aufwendungen handelt es sich um erforderliche und zweckdienliche Rechtsverteidigungskosten, die im Hinblick auf ihren unmittelbaren Prozessbezug erstattungsfähig sind (vgl. BGH, NJW 2006, 2415; Palandt, 71. A., § 280, Rn. 27).

Ausweislich des Tatbestands des Urteils des Amtsgerichts Bremen vom 20.03.2009 hat die hiesige Klägerin als seinerzeit Beklagte im Verfahren zum Aktenzeichen 12 C 235/07 vorprozessual das Gutachtachten S. vom 16.08.2007 einholen lassen (§ 415 ZPO).

Nach der Abrechnung des Gutachters S. vom 15.05.2007 (BI. 24 d.A., Anlage K 2) fielen insofern – übliche und angemessene – Kosten in Höhe von 465,29 Euro an.

Zwar hätte die Klägerin ihre diesbezüglichen Rechtsverteidigungskosten im damaligen Verfahren durch Erhebung einer Widerklage geltend machen können. Gleichwohl steht der Klägerin die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs in einem gesonderten Verfahren frei.

Ein Erstattungsanspruch besteht, da der hiesigen Klägerin ausweislich des o.g. Urteils seinerzeit ein Recht zur Mietminderung tatsächlich zustand. Aufgrund der im o.g. Verfahren festgestellten bauseitig bedingten Mängel handelten die hiesigen Beklagten als Vermieter pflichtwidrig im Sinne des § 280 I BGB. Gegen den geäußerten Vorwurf des unzureichenden Lüftungsverhaltens durfte sich die hiesige Klägerin mit der Einholung eines Privatgutachtens bereits vorprozessual verteidigen. Die Einholung des Gutachtens stellte ein sachgerechtes Verhalten dar, da es der Vermeidung eines gerichtlichen Rechtsstreits diente. Außerdem drohte der Klägerin im Falle der unberechtigten Minderung die Kündigung, weshalb die Einholung des vorgerichtlichen Gutachtens auch geboten erschien.

Die im Verfahren 12 C 235/07 festgestellten Tatsachen wurden im hiesigen Verfahren nicht explizit streitig gestellt.

Der Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt. Da das Gutachten 2007 in Auftrag gegeben wurde, begann die dreijährige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB am 01.01.2008 (§ 201 BGB). § 548 II BGB findet keine Anwendung, da die vorliegende Aufwendung nicht der Mietsache zugute kam; vielmehr sind Gutachterkosten als Schadensposition im Sinne der §§ 280 I, 249 BGB zu behandeln. Verjährungsende war demnach der 31.12.2010 (24:00 Uhr). Der Mahnbescheid vom 28.12.2010 wurde den Beklagten am 30.12.2010 zugestellt. Somit wurde die Verjährung noch rechtzeitig unterbrochen (§ 204 Nr. 3 BGB).

Die Erklärung der „Aufrechnung mit Mietrückständen in Höhe der Klageforderung“ (Schriftsatz vom 04.04.2011) ist trotz entsprechender Rechtshängigkeit der Gegenansprüche im noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Klageverfahren 23 C 314/09 zwar zulässig (vgl. Zöller, 26. A., § 322, Rn. 18 a.E.). Die erklärte Aufrechnung ist jedoch zu unbestimmt; die Beklagten haben nicht hinreichend präzisiert, mit welchen Mietzinsansprüchen von „über 5.000 €“ (Schriftsatz vom 29.11.2011) für welchen Zeitraum die Aufrechnung vollzogen werden soll. Zu etwaigen Gegenansprüchen wurde im hiesigen Verfahren von den Beklagten auch nicht ausreichend substantiiert vorgetragen (vgl. Palandt, 71. A. § 388, Rn. 1; OLG Köln, NJW 2005, 1127).

Die Zinsforderungen sind gemäß den §§ 291, 288 BGB i.V.m. §§ 696 III ZPO begründet.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

Unterschrift

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