Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 22.03.2016, 7 UF 115/14

Tenor

I.

Auf die Beschwerde der Deutsche Rentenversicherung Bund und auf die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek, Familiengericht, Aktenzeichen 895 F 197/12, vom 13. August 2014 bezüglich der Entscheidung über den Versorgungsausgleich wie folgt abgeändert:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer …) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 6,1266 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto … bei der Deutschen Rentenversicherung Nord, bezogen auf den 31. Oktober 2012, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin bei der VBL Anstalt des öffentlichen Rechts (Vers.Nr. …) zugunsten des Antragsgegners ein Anrecht in Höhe von 8,45 Versorgungspunkten nach Maßgabe des § 32a VBL-Satzung (VBLS) in der Fassung der 18. Satzungsänderung, bezogen auf den 31. Oktober 2012, übertragen.

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Nord (Versicherungsnummer …) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 3,1951 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto Nr. … beider Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 31. Oktober 2012, übertragen.

II.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner jeweils zur Hälfte. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Gründe

Die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Bund ist zulässig und begründet. Dem Beschluss des Familiengerichts liegt die Auskunft der Beschwerdeführerin vom 29. Mai 2013 zugrunde, die die Neuregelungen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes über die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten nicht berücksichtigt hatte. Im Beschwerdeverfahren hat die Beschwerdeführerin neue Auskünfte vorgelegt, in denen die Kindererziehungszeiten berücksichtigt worden sind. Diese Auskünfte sind dem Versorgungsausgleich zugrunde zu legen.

Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin ist zulässig und teilweise begründet. Die lange Trennungszeit der Eheleute rechtfertigt einen teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt bei einer langen Trennungszeit auch dann, wenn außer der langen Trennungszeit keine Härtegründe vorhanden sind, eine Ausklammerung der auf die Trennungszeit entfallenden Anwartschaften beider Ehegatten in Betracht (BGH FamRZ 2007, 1964, juris-Rz. 12; Holzwarth in Johannsen/Henrich, Familienrecht, 6. Auflage 2015, § 27 VersAusglG Rn. 35 m.w.N.). Die Trennungszeit der Ehegatten beträgt ca. 10 Jahre. Bezogen auf die gesamte Ehezeit von etwa 29 Jahren stellt die Trennungszeit etwa ein Drittel dar. Dies kann aus der Sicht des Senates als lange Trennungszeit angesehen werden. Der danach gerechtfertigte teilweise Ausschluss des Versorgungsausgleiches für die Zeit des dauerhaften Getrenntlebens der früheren Ehegatten ist in der Weise vorzunehmen, dass lediglich die innerhalb der Zeit ihres Zusammenlebens erwachsenen Versorgungsanwartschaften dem Ausgleich unterliegen. Da eine Vorverlegung der Ehezeit nicht in Betracht kommt, bleibt allerdings das Ehezeitende gemäß § 3 Abs. 1 VersAusglG Bemessungsgrundlage der auszugleichenden Anrechte. Hieran anknüpfend, ist zunächst der Versorgungsausgleich ohne Beachtung von § 27 VersAusglG durchzuführen und sind sodann diejenigen Anrechte abzuziehen, die in der Zeit vom Ende der Ehezeit bis zum Trennungszeitpunkt erworben wurden, wobei auch die allgemeinen Regeln der §§ 9 – 19 VersAusglG gelten (OLG Brandenburg, 3 UF 22/12, Beschluss vom 30.4.2013 m.w.N.). Mit der Antragstellerin ist davon auszugehen sein, dass es den Grundsätzen der Billigkeit vorliegend entspricht, den Versorgungsausgleich auf die Anrechte zu beschränken, die die Eheleute bis zum 30. September 2003 (ein Jahr nach der Trennung) erworben haben. Soweit der Antragsgegner geltend gemacht hat, dass die Eheleute noch bis zum Frühjahr 2011 von der Möglichkeit der Weiterführung ihrer Ehe ausgegangen seien, ist dieses in der persönlichen Anhörung der Eheleute nicht bestätigt worden. Die Antragstellerin hat glaubhaft geschildert, dass für sie das Scheitern der Ehe bei ihrer Trennung im September 2002 festgestanden habe und dass sie froh gewesen sei, weiterhin mit dem Antragsgegner freundschaftliche Kontakte zu pflegen. Der Antragsgegner hat erklärt, dass er jahrelang gehofft habe, die Ehe wiederherstellen zu können, hat aber eingeräumt, dass er sich insoweit über die Haltung der Antragstellerin nicht im Klaren gewesen sei. Den Beweisangeboten der Beteiligten ist insoweit nicht nachzugehen, zumal kein Ereignis unter Beweis gestellt wird, aus dem man schließen könnte, dass auch die Antragstellerin zu irgendeinem Zeitpunkt die Ehegemeinschaft wieder aufnehmen wollte.

Auch bei einer Gesamtabwägung der von den Beteiligten aufgeführten Umstände sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Eheleute entspricht die Beschränkung des Versorgungsausgleichs auf die Anrechte, die die Eheleute bis zum 30. September erworben haben, der Billigkeit. Eine weitergehende Korrektur des Versorgungsausgleichs im Wege des § 27 VersAusglG kommt mangels weiterer Härtegründe nicht in Betracht.

Die Antragstellerin hat bis zum 31. Oktober 2012 Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung und aus einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworben. Unter Abzug der nach dem 30. September 2003 begründeten Versorgungsanwartschaften ergeben sich entsprechend der Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 21. Mai 2015 und der VBL Anstalt des öffentlichen Rechts vom 17. Juni 2015 folgende Werte:

a) bei der Deutschen Rentenversicherung Bund:

Ehezeitanteil 12,2532 Entgeltpunkte
Ausgleichswert: 6,1266 Entgeltpunkte
Korrespondierender Kapitalwert: € 38.961,60

b) bei der VBL Anstalt des öffentlichen Rechts:

Ehezeitanteil: 17,38 Versorgungspunkte
Ausgleichswert: 8,45 Versorgungspunkte
Korrespondierender Kapitalwert: € 4.347,55

Auf Seiten des Antragsgegners, der seit dem 1. Januar 2014 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bezieht, bestehen allein Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dabei ist entsprechend der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Nord vom 14. September 2015 unter Abzug der nach dem 30. September 2015 begründeten Anwartschaften von folgenden Werten auszugehen:

Ehezeitanteil: 6,3901 Entgeltpunkte
Ausgleichswert: 3,1951 Entgeltpunkte
Korrespondierender Kapitalwert: € 18.211,59

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 FamFG nicht gegeben sind.

Verfahrensgang
vorgehend AG Hamburg-Barmbek, 13. August 2014, Az: 895 F 197/12

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