Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 06.12.2013 – 14 UF 166/13

Leitsätze:

Nutzungsentgeltpflicht des bei Trennung in der gemeinschaftlichen Immobilie verbleibenden Ehegatten erst nach eindeutigem Verlangen einer Verwaltungs- und Benutzungsregelung i.S.v. § 745 Abs. 2 BGB, welches ihn vor die Alternative „Zahlung oder Auszug“ stellen muss (Anschluss an OLG Braunschweig FamRZ 1996, 548; OLG Brandenburg FamRZ 2001, 1713; OLG Sachsen-Anhalt FamRZ 2012, 1941)

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Detmold vom 2.8.2013 abgeändert.

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.155,55 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Der Antragstellerin steht weder das vom Amtsgericht zuerkannte Nutzungsentgelt für die Jahre 2008 und 2009 noch der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Abschluss eines Mietvertrages ab dem 1.1.2008 gegen den Antragsgegner zu.

Für den Anspruch auf Nutzungsentgelt fehlt es an einer vorherigen, hinreichend deutlichen Aufforderung zu einer neuen Verwaltungs- und Benutzungsregelung für die im Miteigentum stehende Wohnung i. S. v. § 745 Abs. 2 BGB.

Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug genommen auf den Hinweisbeschluss des erkennenden Senats vom 17.10.2013.

Die hiergegen in der Beschwerdeerwiderung vom 25.11.2013 vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch.

Insbesondere hält der Senat im Anschluss an die Entscheidungen des OLG Braunschweig (FamRZ 1996, 548, Juris-Rn. 10), des OLG Brandenburg (FamRZ 2001, 1713, Juris-Rn. 13) und des OLG Sachsen-Anhalt (FamRZ 2012, 1941, Juris-Rn. 4) sowie in Übereinstimmung mit der Literatur (vgl. Gerhardt/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 9. Aufl. 2013, Kap. 8 Rn. 320) daran fest, dass das Verlangen nach einer neuen Verwaltungs- und Benutzungsregelung i. S. v. § 745 Abs. 2 BGB, um fortan einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung zu begründen, dergestalt deutlich sein muss, dass der andere Miteigentümer darin vor die Alternative „Zahlung oder Auszug“ gestellt wird.

Zutreffend ist zwar, dass sich das letztgenannte Erfordernis nicht unmittelbar aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4.2.1982 (FamRZ 1982, 355 = NJW 1982, 1753) ergibt. Die Entscheidung steht einem solchen Erfordernis aber andererseits auch nicht entgegen, weil dort lediglich ausgeführt ist, dass eine Klage auf Mietzahlung ein Neuregelungsverlangen i. S. v. § 745 Abs. 2 BGB darstellen kann (vgl. a. a. O. Juris-Rn. 8), und dass auch rückwirkend für die Zeit vor einer solchen Klage eine Nutzungsentschädigung zu zahlen ist, wenn bereits vorgerichtlich ein Neuregelungsverlangen i. S. v. § 745 Abs. 2 BGB ausgesprochen worden ist (vgl. a. a. O. Juris-Rn. 9). Ob letzteres in dem zugrundegelegenen Sachverhalt der Fall war, hat der BGH aber gerade offengelassen und durch Aufhebung und Zurückverweisung einer erneuten Entscheidung des Berufungsgerichts anheimgegeben, ohne nähere Voraussetzungen an die notwendige Eindeutigkeit des Verlangens aufzustellen. In einer weiteren Entscheidung vom 11.12.1985 hat der BGH indes zumindest bekräftigt, dass eine bloße Zahlungsaufforderung nicht ausreiche (vgl. FamRZ 1986, 434, Juris-Rn. 20).

Gegen das Erfordernis einer Aufforderung zur Zahlung oder alternativ zum Auszug kann die Antragstellerin auch nicht mit Erfolg einwenden, dass es sich um ein „stumpfes Schwert“ gehandelt hätte, weil ein Auszugsverlangen rechtlich nicht durchsetzbar gewesen wäre. Letzteres ist nämlich nicht richtig. Wenn der in der gemeinschaftlichen Wohnung befindliche Miteigentümer zur Zahlung eines angemessenen Nutzungsentgelts nicht bereit ist, entspricht es nämlich nicht mehr „dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen“, dass er trotzdem weiterhin – kostenlos – in der Wohnung verbleibt, so dass dann als Benutzungsregelung i. S. d. § 745 Abs. 2 BGB eine Räumung der Wohnung verlangt und gerichtlich durchgesetzt werden kann.

Des weiteren kann das Erfordernis einer Aufforderung zur Zahlung oder alternativ zum Auszug nicht auf Fälle beschränkt werden, in denen „die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Nutzers nicht klar ist“. Durch dieses Erfordernis soll nämlich nicht lediglich „verhindert werden, dass jemand die Wohnung nutzt, der gar nicht in der Lage ist, die Nutzungsentschädigung zu zahlen“. Vielmehr geht es darum, dass dem nutzenden Teilhaber mit hinreichender Eindeutigkeit klargemacht werden soll, dass der andere Teilhaber einen Fortbestand des bisherigen Zustandes – nämlich einer Weiternutzung durch ihn ohne zugrundeliegende einvernehmliche Regelung beider Teilhaber – keinesfalls mehr länger hinzunehmen bereit ist.

Soweit die Antragstellerin weiter darauf verweist, dass sich die Parteien inzwischen „sehr wohl über einen Auszug des Antragsgegners verständigt“ hätten, nämlich durch gerichtlichen Vergleich vom 8.8.2012, ist das zum einen angesichts des Vergleichswortlauts fraglich, und zum anderen für den vorliegenden Streit auch unerheblich, weil es hier um Nutzungsvergütung für den Zeitraum 2008/2009 geht.

Schießlich kann die Antragstellerin auch nicht mit dem Argument durchdringen, dass die Verweigerung eines Nutzungsentgelts vom Ergebnis her unbillig sei, weil der Antragsgegner den wirtschaftlichen Vorteil aus der Wohnungsnutzung gezogen habe. Dass der Antragsgegner hierdurch nicht ungerechtfertigt bereichert worden ist, ist bereits in der oben zitierten Entscheidung des BGH überzeugend begründet worden (vgl. FamRZ 1982, 355, Juris-Rn. 7).

Der Verneinung der Voraussetzungen des Hilfsantrages ist die Antragstellerin nicht weiter entgegengetreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO i. V. m. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Vorinstanz:
Amtsgericht Detmold, 33 F 158/12

Normen:
§ 745 II BGB; § 1568 a BGB

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