SG Bremen, Gerichtsbescheid vom 02.06.2014 – S 27 AS 160/12

Ausfertigung 
Sozialgericht Bremen
Im Namen des Volkes

GERICHTSBESCHEID

In dem Rechtsstreit

1. V. S. N., Bremen,
2. S. R., Bremen,
3. N. S. S., Bremen, vertreten durch V. S. N. und Herr S. R., Bremen,
Kläger,

Prozessbevollmächtigte:
zu 1-3: Rechtsanwälte Beier & Beier,
Gröpelinger Heerstraße 387, 28239 Bremen, Az.: – F/2011/067 –

gegen

Jobcenter Bremen, vertreten durch den Geschäftsführer, Doventorsteinweg 48 – 52, 28195 Bremen, Az.:
Beklagter,

hat die 27. Kammer des Sozialgerichts Bremen am 2. Juni 2014 durch ihre Vorsitzende, Richterin am Sozialgericht Dr. S., für Recht erkannt:

Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 14.11.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2012 verpflichtet, den Klägern weitere Leistungen in Höhe von 695 Euro für die Wohnungserstausstattung zu gewähren.

Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten.

TATBESTAND

Die Kläger haben aufgrund des § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, S. 2 SGB II einen Anspruch auf Bewilligung der fehlenden Teile der Erstausstattung ihrer Wohnung gegen den Beklagten. Im Eilverfahren 9 AS 1920/11 ER wurde er ihnen durch Beschluss vom 21.12.2011 vorläufig zugesprochen.

Dort ist ausgeführt :

„Der am 31. Oktober 2011 von Mitarbeitern des Antragsgegners durchgeführte Hausbesuch bei den Antragsstellern, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Antragsgegner beziehen, hat ergeben, dass in deren Haushalt lediglich die im folgenden aufgezählten Gegenstände vorhanden gewesen sind, die zum einen eine geordnete Haushaltsführung sowie ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen und zum anderen der Befriedigung von einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen genügen:

– eine Einzelbettmatratze (90×200 cm)
– ein Kleiderschrank
– zwei Nachtschränke
– ein Couchtisch
– zwei Läufer sowie
– Hausrat in Form von Töpfen, Bestecken usw.

(Der Wäschetrockner und die Mikrowelle, die ebenfalls vorhanden gewesen sind, gehören nicht zu den Gegenständen, die der Befriedigung von einfachen und grundlegenden Wohnbedürfnissen genügen).

Da die Verwaltungsanweisung der Senatorin für (Arbeit,) Frauen, (Gesundheit,) Jugend, Kinder und Soziales sowohl in ihrer alten Fassung (nach dem Stand vom 05. Februar 2009) als auch in ihrer neuen Fassung (nach dem Stand vom 15. September 2011) nur die Gewährung von Pauschalbeträgen bzw. Teilpauschalen in Geld für Leistungen nach § 23 Abs. 3 SGB II alter Fassung (a. F.) beziehungsweise nach § 24 Abs. 3 S. 1 Nrn. 1 und 2 SGB II neuer Fassung (n. F.) vorsehen, unterliegen diese Pauschalbeträge bzw. Teilpauschalen einer richterlichen Plausibilitätskontrolle im Hinblick darauf, ob bei deren Bemessung geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte berücksichtigt worden sind (§ 24 Abs. 3 S. 6 SGB II n. F.; vgl. dazu auch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 20. August 2009 zum Aktenzeichen B 14 AS 45/08 R). Eine solche richterliche Plausibilitätskontrolle ist im einstweiligen Anordnungsverfahren allerdings nur sehr eingeschränkt möglich.

Dennoch ist im hier zu entscheidenden Fall festzuhalten, dass für die erkennende Kammer nicht nachvollziehbar ist, warum die neue Verwaltungsanweisung zu § 24 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 SGB II (nach dem Stand vom 15. September 2011) eine Wohnungseinrichtungspauschale in Höhe von 1.610,00 (inkl. einer Spüle (42,00 €), eines Staubsaugers (30,00 €), einer Waschmaschine (103,00 E), eines Kühlschranks (61,00 E) und eines E-Herdes (64,00 €)) für einen 3-Personenhaushalt mit einem Kind unter sechs Jahren vorsieht, während die alte Verwaltungsanweisung zu § 23 Abs. 3 SGB II (nach dem Stand vom 05. Februar 2009) für einen 3-Personenhaushalt mit einem Kind noch Pauschalen für die Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten vorgesehen hat, die in der Addition einen Betrag von 1.680,50 (inkl. eines Herdes (76,00 €), eines Kühlschranks (79,00€) und einer Waschmaschine (161,00 €), wobei diese — höheren — Teilpauschalen aus dem Sachleistungskatalog des Amtes für Soziale Dienste — Wirtschaftliche Hilfen — nach dem Stand von Juni 2004 entnommen und im Fall von Herd und Waschmaschine sogar noch auf volle Euro-Beträge abgerundet worden sind) ergeben. Da von der erkennenden Kammer in keiner Weise nachvollzogen werden kann, dass —selbst gebraucht beschaffte — Einrichtungsgegenstände zwischen Anfang 2009 und Mitte September 2011 preiswerter geworden sein sollen, ist im hier zu entscheidenden Fall von den alten Pauschalbeträgen in einer Gesamthöhe von 1680,50 auszugehen.

Davon sind allerdings Abschläge für einzelne vorhandene, im Folgenden aufgeführte Gegenstände zu machen, deren Höhe in Ermangelung neuerer Erkenntnisse zu Gunsten der Antragssteller aus dem Sachleistungskatalog des Amtes für Soziale Dienste — Wirtschaftliche Hilfen —nach dem Stand von Juni 2004 zu entnehmen ist:

-eine Matratze (90×200 cm) 34,50
– ein Couchtisch 30,70
-ein Kleiderschrank (3-türig) 76,70
– zwei Nachtschränke zusammen 25,60
-zwei Läufer (mit einer angenommenen Gesamtlänge von 4 m) zusammen 20,40 E.

In der Addition ergibt sich somit ein Gesamtabschlagsbetrag in Höhe von 187,90 E. Kein Abschlag ist dem gegenüber für eine Waschmaschine zu machen, da die vorhandene (vom Sperrmüll kommende) Maschine nach den ausführlichen Darlegungen der Antragssteller in ihrem Schriftsatz vom 07. Dezember 2011 nicht mehr funktionstüchtig ist und deshalb auch insoweit von einem bestehenden Erstausstattungsbedarf auszugehen ist.

Subtrahiert man von 1.680,50 € 187,90 € so ergibt sich ein Differenzbetrag in Höhe von 1.492,60 €. Abzüglich bereits bewilligter 797,00 € ergibt sich der hier aus dem Beschlusstenor zu 1. zu ersehende, zuzusprechende Betrag.“

Daran wird für das vorliegende Verfahren ausdrücklich festgehalten.

Die getroffene Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

RECHTSBEHELFSBELEHRUNG

Dieser Gerichtsbescheid kann nicht mit der Berufung angefochten werden, weil sie gesetzlich ausgeschlossen und vom Sozialgericht nicht zugelassen worden ist.

Die Nichtzulassung der Berufung kann mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Georg-Wilhelm-Straße 1, 29223 Celle oder bei der Zweigstelle des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheides schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Beschwerde soll den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen und die zur Begründung die-nenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass

1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

2.) der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der oberen Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Ist der Gerichtsbescheid im Ausland zuzustellen, so gilt anstelle der oben genannten Monatsfrist eine Frist von drei Monaten.

Die Beteiligten können innerhalb der Rechtsmittelfrist bei dem Sozialgericht Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen auch mündliche Verhandlung beantragen. Wird ein solcher Antrag rechtzeitig gestellt, so gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen; andernfalls steht er einem rechtskräftigen Urteil gleich. Wird sowohl Beschwerde erhoben als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet (nur) mündliche Verhandlung statt.

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