OLG Bremen, Beschluss vom 27.12.2017 – 4 WF 104/17

57 F 809/17 Amtsgericht Bremen

Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen

Beschluss

In der Familiensache

hat der 4. Zivilsenat – Senat für Familiensachen – des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. R. als Einzelrichterin am 27.12.2017 beschlossen:

1. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Bremen vom 17.8.2017 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

Die statthafte (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 2 S. 2 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, aber unbegründet. Das Familiengericht hat zu Recht die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wegen nicht hinreichender Erfolgsaussichten des Verteidigungsvorbringens des Antragsgegners abgelehnt (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 ZPO).

Der Antragsteller, der leibliche Sohn des Antragsgegners, begehrt vom Antragsgegner Mindestkindesunterhalt, für den Zeitraum zwischen dem 1.4.2016 bis 28.2.2017 als Rückstand in Höhe von 2.652 €, ab dem 1.3.2017 laufende Zahlungen. Es ist unstreitig, dass der Antragsgegner als Kindesvater dem Antragsteller gemäß §§ 1601, 1603, 1612a BGB unterhaltspflichtig ist. Dabei ist das Familiengericht auch zutreffend von der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners für den Mindestunterhalt des Antragstellers ausgegangen. Wie das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss und dem Nichtabhilfebeschluss vom 13.12.2017 bereits ausgeführt hat, obliegt es dem Antragsgegner nachzuweisen, dass er der ihm gemäß § 1603 Abs. 2 BGB obliegenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit nachkommt. Den Unterhaltsschuldner trifft die Darlegungs- und Beweislast für die von ihm behauptete Leistungsunfähigkeit und somit auch für das Fehlen einer realen Beschäftigungschance. Allein die Tatsache, dass der Unterhaltspflichtige aus dem Ausland stammt und keine abgeschlossene Berufsausbildung besitzt, lässt nicht den Schluss zu, dass es für ihn keine reale Beschäftigungschance für eine Vollzeitstelle gibt. Der Unterhaltspflichtige hat auch seine Bemühungen um eine Arbeitsstelle mit auskömmlichem Einkommen darzulegen. Gleiches gilt für die Unmöglichkeit einer Nebentätigkeit (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 77. Aufl., § 1603 Rn. 47).

Dieser Darlegungs- und Beweislast ist der Antragsgegner auch in der Beschwerdeinstanz nicht nachgekommen, wie das Familiengericht im Nichtabhilfebeschluss vom 13.12.2017 zutreffend festgestellt hat. Der Antragsgegner beschränkt sich darauf zu behaupten, er könne nur bei einer Zeitarbeitsfirma 151 Stunden monatlich arbeiten, weil er als ungelernter Ausländer keine bessere Anstellung finden könne. Dieser Vortrag reicht nicht aus, um darzulegen, dass der Antragsgegner der ihn nach § 1603 Abs. 2 BGB treffenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit nachgekommen ist. Bereits die nicht näher beschriebene Helfertätigkeit, der der Antragsgegner seit März 2016 bei der X Personaldienstleistungen GmbH nachgegangen ist, war nur mit einem Bruttostundenlohn von 8,80 € bezahlt und umfasste eine 35-Stunden-Woche. Ob und wenn ja welche Bewerbungsbemühungen der Antragsgegner entfaltet hatte, bevor er den Vertrag mit der Zeitarbeitsfirma abgeschlossen hat, ist nicht dargelegt. Ebenso wenig hat der Antragsgegner vorgetragen, dass und wenn ja welche Bemühungen er neben dem zeitlich auf den 6.3.2017 befristeten Arbeitsverhältnis entfaltet hat, um eine besser bezahlte Vollzeitstelle ab März 2017 zu erlangen. Ihm war seit der Geburt des Antragstellers bzw. spätestens nach Erhalt des anwaltlichen Schreibens vom 20.4.2016 bewusst, dass er zur Zahlung des Mindestunterhalts an den Antragsteller verpflichtet ist. Es ist nichts dafür ersichtlich noch vorgetragen, dass er Bemühungen zum Erhalt eines auskömmlichen Beschäftigungsverhältnisses entfaltet hat.

Ebenso wenig ist näher dargelegt worden, weshalb er neben seiner Arbeitsstelle bei der Zeitarbeitsfirma bzw. der Firma … keiner Nebentätigkeit nachgehen kann. Dass sein früherer Arbeitgeber ihm dies mit Schreiben vom 11.7.2016 untersagt habe, ist nicht ausreichend. Denn laut Ziff. 8.6. und 8.7. des Arbeitsvertrages hat der Arbeitnehmer eine Nebentätigkeit dem Arbeitgeber anzuzeigen und dieser prüft dann, ob die konkrete Nebentätigkeit gemäß Ziff. 8.7. insbesondere wegen einer Konkurrenzsituation gegenüber der Firma untersagt werden muss. Ein generelles Verbot einer Nebentätigkeit, wie im Schreiben vom 11.7.2016 vom Arbeitgeber ausgesprochen, sieht der Arbeitsvertrag zu Recht nicht vor. Dass eine Nebentätigkeit durch den neuen Arbeitgeber untersagt worden sei, trägt der Antragsgegner selbst nicht vor. Dies ergibt sich auch nicht aus dem nur in Auszügen vorgelegten Arbeitsvertrag. Dass einer Nebentätigkeit die Schichtarbeit des Antragsgegners entgegensteht, wird schlicht behauptet, ohne näher darzulegen, welche Schichten in welcher Häufigkeit wann von ihm zu leisten sind. Im Übrigen sind mit der zunehmenden Digitalisierung auch Arbeiten, die man am häuslichen Computer ausführen kann, im Angebot wie z.B. das sog. crowd working. Ebenso wird der behauptete Umgang des Antragsgegners mit dem Antragsteller alle zwei Wochen samstags nicht näher zeitlich umschrieben, so dass nicht nachvollzogen werden kann, dass dieser Umgangskontakt einer Nebentätigkeit entgegensteht, wie der Antragsgegner behauptet. Das Familiengericht hat diesbezüglich auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Nebentätigkeit nur in geringem Umfang ausgeübt werden müsste, so dass dem Antragsgegner jedes zweite Wochenende für Umgangskontakte mit dem Antragsteller zur Verfügung stehen würde.

Soweit sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde dagegen wendet, dass das Familiengericht nur fiktive Fahrtkosten von 50 € von dem fiktiven Einkommen abgezogen habe, kann er hiermit seiner Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Selbst wenn man die von ihm angegebenen Kosten von 62,50 € berücksichtigen würde, wäre er weiterhin in der Lage, den Mindestunterhalt für den Antragsteller aufzubringen, wenn er eine Vollzeitbeschäftigung und eine Nebentätigkeit ausüben würde, wie vom Familiengericht in dem angefochtenen Beschluss im Einzelnen fiktiv berechnet. Dies wäre vor allem auch deshalb möglich, weil im vorliegenden Fall der notwendige Selbsthalt gemäß Ziff. 21.5. der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen herabgesetzt werden kann. Der Antragsgegner lebt mit weiteren Personen, u.a. wohl seiner Mutter in einer Wohnung. Die hierdurch entstehenden Synergieeffekte sind hier insbesondere an den Wohnkosten festzumachen. Der Antragsgegner hat nur einen Miet- und Heizkostenanteil von 218 € zu tragen. Der Anteil für die Kosten des Wohnbedarfs am notwendigen Selbstbehalt von 1.080 € beträgt aber 380 € (vgl. Ziff. 21.2. der vorgenannten Leitlinien, Stand: 1.1.2017). Somit hat der Antragsgegner eine monatliche Ersparnis bei den Lebenshaltungskosten, die dem Mindestkindesunterhalt des Antragstellers zugutekommen muss.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gemäß §§113 Abs. 1 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.

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