SG Bremen, Beschluss vom 23.02.2015 – S 15 SO 31/15 ER

Anmerkung:
Gegen den Beschluss wurde noch am selben Tag der Zustellung Beschwerde vor dem LSG Niedersachsen-Bremen erhoben. Die Entscheidung ist daher nicht rechtskräftig.

 

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

1. P. K., Bremen,
2. S. K., Bremen,
3. M. K., Bremen, vertreten durch P. K. u. S. K., Bremen,
4. N. K., Bremen, vertreten durch P. K. u. S. K., Bremen,
Antragsteller,

Prozessbevollmächtigte:
zu 1-4: Rechtsanwälte Beier & Beier, Gröpelinger Heerstraße 387, 28239 Bremen,

gegen

Stadtgemeinde Bremen, vertreten durch die Senatorin für Soziales, Kinder, Jugend und Frauen, – Referat 13 -, Bahnhofsplatz 29, 28195 Bremen, Az.: –
Antragsgegnerin,

hat die 15. Kammer des Sozialgerichts Bremen am 23. Februar 2015 durch ihren Vorsitzenden, Richter am Sozialgericht Dr. B., beschlossen:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig unter dem Vorbehalt der Rückforderung neben den bereits mit Zwischenentscheidung vom 6. Februar 2015 zugesprochenen 300 EUR Hilfe zum Lebensunterhalt ohne Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum ab dem 23. Februar 2015 bis zum 8. März 2015 zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1/6.

Gründe

Die Antragsteller zu 1) und 2) und deren gemeinsame Kinder, die Antragsteller zu 3) und 4), die am 16. März 2009 und am 2. Oktober 2010 geboren sind, besitzen die kroatische Staatsangehörigkeit. Der 1975 geborene Antragsteller zu 1) hält sich seit dem 27. Januar 2014 in der Bundesrepublik Deutschland auf, die im Jahr 1979 geborene Antragstellerin zu 2) reiste mit den Antragstellern zu 3) und 4) am 5. Juli 2014 ein. Der Antragsteller zu 1) stand ab dem 27. Februar 2014 bis zum 8. Juli 2014 sowie in der Zeit vom 1. August 2014 bis zum 6. November 2014 in einem Beschäftigungsverhältnis, ohne dass eine Arbeitserlaubnis-EU vorgelegen hat. Für die Antragstellerin zu 2) wurde die Erteilung einer Arbeitserlaubnis-EU durch die Bundesagentur für Arbeit mit Qescheid vom 13. November 2014 abgelehnt.

Die Antragsteller bezogen aufgrund Bescheides des Jobcenter Bremens vom 21. Juli 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 19. November 2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zunächst bis zum 31. Dezember 2014. Zuletzt wurden diese Leistungen vorläufig bis zum 8. Januar 2015 mit Bescheid vom 2. Januar 2015 weiter bewilligt. Darüber hinaus wurden keine Leistungen von dem Jobcenter bewilligt. Ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az. S 6 AS 2/15 ER) wurde – nachdem zunächst im Wege der Zwischenentscheidung ein Betrag von 300 EUR zugesprochen worden war — mit Beschluss vom 28. Januar 2015 abgelehnt. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht worden. Die Antragsteller seien gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II vom Bezug nach dem SGB II ausgeschlossen. Die Antragsteller zu 1) und 2) verfügten jeweils nur über ein Aufenthaltsrecht zum Zweck der Arbeitssuche. Sie seien nicht als Arbeitnehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. Freizügigkeitsgesetz/EU freizügigkeitsberechtigt. Eine in Deutschland ausgeübte Berufstätigkeit ohne die dafür erforderliche Arbeitserlaubnis/EU sei nicht geeignet, den Status als Arbeitnehmer zu begründen. Aus § 13 Freizügigkeitsgesetz/EU ergebe sich, dass Vorschriften, die an den Status als Arbeitnehmer anknüpften, nur gelten, wenn die fragliche Beschäftigung durch die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 284 SGB III genehmigt worden sei. Eine solche sei nicht erteilt worden. Sie sei auch nicht entbehrlich, da die Ausnahme / vorschrift gemäß § 12e Arbeitsgenehmigungsverordnung nicht einschlägig sei. Der Leistungsausschluss sei auch europarechtskonform und verfassungsgemäß.

Die Antragsteller beantragten am 13. Januar 2015 Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Mit Bescheid vom 15. Januar 2015 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab. Aufgrund der vorliegenden Erwerbsfähigkeit bestünde ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II, was einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII ausschließe. Ein Ausschluss ergebe sich auch aus § 23 Abs. 3 SGB XII. Danach hätten Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt sowie ihre Familienangehörigen keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Auch ein Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bestehe nicht, da die Antragsteller nicht unter den abschließenden Katalog der Leistungsberechtigten nach § 1 Asylbewerberleistungsgesetz zu zählen seien. Es sei den Antragstellern zuzumuten, wenn sie ihren Lebensunterhalt nicht vollständig selbst ständig bestreiten könnten, die Möglichkeiten der europäischen Freizügigkeit zu nutzen, um einen Lebensmittelpunkt zu wählen, an dem sie in der Lage seien, den notwendigen Lebensunterhalt aus eigener Kraft sicherzustellen. Über den hiergegen erhobenen Widerspruch hat die Antraggegnerin soweit ersichtlich noch nicht entschieden.

Mit dem am 3. Februar 2015 beim Sozialgericht Bremen eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem sie „Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung“ in gesetzlicher Höhe sowie einen Vorschuss wegen akuter Mittellosigkeit begehren, tragen die Antragsteller vor, sie seien anspruchsberechtigt nach dem SGB XII; sie seien gegenwärtig völlig mittellos und mit der Miete im Rückstand. Aufgrund des Fehlens der Arbeitserlaubnis bestehe kein Anspruch nach dem SGB II, so dass ein Anspruch nach dem SGB XII bestehe. Bis auf die Kindergeldleistungen sei aktuell kein Einkommen vorhanden. Die Bundesrepublik Deutschland könne nicht verlassen werden, weil die Antragsteller zu 3) und zu 4) fest im Kindergarten integriert seien und ein Kind bereits die Vorbereitung zum Schulbesuch für das kommende Schuljahr absolviere. Sie hätten sich in Bremen eingelebt und viele Freunde gewonnen und es solle das soziale Umfeld nicht zerstört werden. Die Antragsteller zu 1) und 2) hätten in Kroatien nichts mehr, wofür sich lohnen würde, dorthin zurückzukehren. Sie wollten sich als Familie ein neues Leben in Deutschland aufbauen und seien bereit hart zu arbeiten. Die fehlenden Deutschkenntnisse würde eine Arbeitssuche gegenwärtig noch erschweren. Ein Leistungsanspruch ergebe sich unmittelbar aus Art. 1 Grundgesetz i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, ein Anordnungsanspruch bestehe nicht. Bei einer Auftragsdauer von mehr als drei Monaten, aber weniger als fünf Jahren mache die Unionsbürgerrichtlinie das Aufenthaltsrecht unter anderem davon abhängig, dass nicht erwerbstätige Personen über ausreichende eigene Existenzmittel verfügten. Die Antragsteller seien erwerbsfähig, hielten sich auch länger als drei Monate in der Bundesrepublik Deutschland auf, so dass Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende vorrangig sein. Die Antragsteller könnten auch keinen Leistungsanspruch nach § 73 SGB XII geltend machen. Diese Norm stelle keine allgemeine Auffangregelung dar, deren Voraussetzungen (atypische Bedarfslage, die nicht in anderen Bereichen des Sozialrechts abschließend geregelt ist und den Einsatz öffentlicher Mittel unter Berücksichtigung von Funktion und Stellung der Sozialhilfe gebietet) lägen nicht vor. Allenfalls seien Fahrtkosten für eine Rückreise nach Kroatien zu tragen. Der Besuch von Kindergarten und die Vorbereitung zum Schulbesuch für das kommende Schuljahr vermöge an dieser Auffassung nichts zu ändern, zumal die Antragsteller zu 3) und 4) erst im Juli 2014 eingereist seien und somit noch nicht von einer Verfestigung der Lebenssituation gesprochen werden könne.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Der Antrag der Antragsteller, der in der Weise auszulegen ist, dass die Antragsteller laufende Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII begehren, ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann, wenn — wie hier — ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsgrund und -anspruch sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung — ZPO). Wenn im Einzelfall damit zu rechnen ist, dass ohne die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes bis zu einer bestands- oder rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache unzumutbare und irreparable Nachteile entstehen, ergeben sich aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens. Sofern ein Erfolg in der Hauptsache nicht auszuschließen ist, weil insbesondere eine abschließende Sachverhaltsaufklärung im Hauptsacheverfahren nicht möglich ist, bedarf es einer Folgenabwägung, in der die grundrechtlichen Belange des An-tragstellers, namentlich die verfassungsrechtliche Gewährleistung eines die Menschenwürde wahrenden Existenzminimums, umfassend zu berücksichtigen ist.

Es fehlt überwiegend am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs. Ein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach §§ 19, 27 ff. SGB XII ist — über den tenorierten Umfang hinaus — nicht glaubhaft gemacht worden. Zwar können die Antragsteller nicht auf vorrangige Leistungen nach dem SGB II verwiesen werden, da ein solcher Anspruch bereits dem Grunde nach nicht besteht. Ein Ausschluss von Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII ergibt sich daher nicht bereits aus § 21 SGB XII. In Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sozialgerichts Bremen im Beschluss zum Verfahren S 6 AS 2/15 ER können sich die Antragsteller zu 1) und 2) nur auf das Freizügigkeitsrecht zum Zweck der Arbeitssuche berufen, da sie aufgrund der fehlenden Arbeitserlaubnis-EU keinen (fortgeltenden) Status als Arbeitnehmer haben. Sie sind daher von Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen. Ein vorrangiger Anspruch nach dem SGB II – dem Grunde nach —besteht damit nicht (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 15.11.2013 —L 15 AS 365/13 B ER, Juris).

Der entsprechend zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in § 23 Abs. 3 SGB XII für die Soziallhilfe angeordnete Leistungsausschluss für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, findet auf die Antragsteller zu 1) und zu 2) Anwendung. Sie können sich für einen Anspruch nach §§ 27 ff. SGB XII nicht auf das Recht auf Gleichbehandlung nach Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens stützen, da Kroatien nicht zu den Abkommensstaaten gehört.

Dieser Leistungsausschluss steht jedoch in verfassungskonformer Auslegung keinem Anspruch auf Sozialhilfe nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII, wonach Sozialhilfe im Übrigen geleistet werden kann, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist, entgegen. Bereits in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu der Vorgängerregelung des § 23 Abs. 1 SGB XII, dem § 120 Abs. 1 BSHG, wurde ein Sozialhilfebezug selbst bei einer Einreise zum Zweck des Bezugs von Sozialhilfe, der zum Ausschluss eines Anspruchs nach § 120 Abs. 3 BSHG a.F. führte, im Ermessenswege auf § 120 Abs. 1 Satz 2 BSHG a.F. gestützt, auch soweit es um Leistungen zum Lebensunterhalt ging. Entsprechend vertritt das LSG Nordrhein-Westfalen die Auffassung, dass § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII verfassungskonform dahingehend auszulegen ist, dass zwar ein Rechtsanspruch auf die in § 23 Abs. 1 vorgesehenen Leistungen ausgeschlossen ist, eine Hilfegewährung im Ermessenwege nach § 23 As. 1 Satz 3 SGB XII jedoch zulässig ist, wenn dies im Einzelfall gerechtfertigt ist (Beschluss v. 25.11.2013 — L 19 AS 578/13 B ER, Juris). Auch der 15. Senat des LSG Niedersachsen-Bremen (Beschluss v. 15.11.2013 – L 15 AS 365/13 B ER, Juris) sieht es als unumstritten an, dass ein sozialhilferechtlicher Anspruch auf die nach den Umständen des Einzelfalls unabweisbar gebotenen Leistungen auch bei Vorliegen von Leistungsausschlussgründen erhalten bleibt. In seiner Entscheidung vom 9. Februar 2015 zum Az. L 8 SO 9/15 B ER hat das LSG Niedersachsen-Bremen dahinstehen lassen, ob sich ein Anspruch auf solche Leistungen auf § 73 SGB XII oder § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII stützt, das Bestehen eines Anspruchs aber für das Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes bejaht.

Unter Würdigung der Rechtsprechung des BVerfG zu § 3 AsylbLG (Urteil vom 18. Juli 2012 —1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11), die für die Gewährleistung des Existenzminimums auf die Erforderlichkeit einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage verweist, ist die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII jedoch weitergehend verfassungskonform auszulegen. Das BVerfG führt in dem angegebenen Urteil u.a. aus:

„Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind. Er gewährleistet das gesamte Existenzminimum durch eine einheitliche grundrechtliche Garantie, die sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben umfasst, denn der Mensch als Person existiert notwendig in sozialen Bezügen (vgl. BVerfGE 125, 175 <223> m.w.N.).

c) Die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss durch einen gesetzlichen Anspruch gesichert sein. Dies verlangt bereits unmittelbar der Schutzgehalt des Art. 1 Abs. 1 GG. Ein Hilfebedürftiger darf nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen gewährleistet ist. Der gesetzliche Leistungsanspruch muss so ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt.“

Daraus ergibt sich, dass ein Ermessen nach § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII sich jedenfalls dann, wenn eine zumutbare Rückkehrmöglichkeit aktuell nicht gegeben ist, allenfalls auf das „Wie“ der Leistungen, nicht jedoch auf das „Ob“ einer Leistungsgewährung beziehen kann. Eine zeitlich uneingeschränkter Anspruch, ohne auf das Bestehen einer Rückkehrmöglichkeit abzustellen, ergibt sich daraus jedoch nicht; ein solcher Anspruch lässt sich nach der Überzeu-gung der Kammer nicht aus Art. 1 GG ableiten. Aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2012 ergibt sich nichts anderes. Diese Entscheidung betraf Fälle nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, in denen einer Ausreise tatsächliche oder rechtliche Hindernisse entgegenstanden.

Im Rahmen einer Folgenabwägung kommt die Kammer zwar zu dem Ergebnis, dass der unmittelbar anfallende Bedarf des Lebensunterhalts für einen kurzen Zeitraum bis zu einer Ausreise zu decken ist, dass jedoch darüber hinaus (auf Dauer) ein solcher Anspruch nicht besteht. Vorliegend beruhen Einreise und der Verbleib der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland – trotz nicht gegebener Möglichkeit der Sicherung des Lebensunterhalts (insbesondere bei fehlender Arbeitserlaubnis-EU) – allein auf dem eigenen Willen der Antragsteller. Die selbst gewählte fehlende Existenzsicherung vermag aber keine grundgesetzliche Gewährleistungspflicht und damit eine Einstandspflicht des Sozialhilfeträgers zu begründen. Zur Zumutbarkeit einer Ausreise/Rückreise nach Kroatien haben die Antragsteller nur ausgeführt, die Kinder seien im Kindergarten integriert und sollten nicht aus ihrem sozialen Umfeld gerissen werden und die Antragsteller zu 1) und 2) beabsichtigten sich in Deutschland eine Existenz aufzubauen. Diese Gesichtspunkte stehen einer Rückreise nach Kroatien nicht entgegen. Sie halten sich auch erst seit 2014 in Deutschland auf, so dass auch die Aufenthaltsdauer in keiner Hinsicht auf eine Unzumutbarkeit einer Rückreise schließen lässt. Zugunsten der Antragsteller wird jedoch zugrunde gelegt, dass für die Vorbereitung einer Rückreise Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Dauer des Verfahrens sowie für weitere 14 Tage erforderlich sind (wobei auch zu berücksichtigen ist, dass bereits seit Januar 2015 für die Antragsteller Veranlassung zur Vorbereitung bestand), so dass im Rahmen einer Folgenabwägung Leistungen für diesen Zeitraum — über die bereits im Wege der Zwischenentscheidung einstweilen zugesprochenen 300 Euro hinaus — von der Antragsgegnerin vorläufig zu gewähren sind, jedoch ohne Kosten der Unterkunft, da insoweit ein eiliges Regelungsbedürfnis nicht ersichtlich ist. Die Kosten für eine Rückreise (gemäß § 73 SGB XII) waren nicht Verfahrensgegenstand, so dass über diese nicht zu entscheiden waren; die Antragsgegnerin hat eine solche Leistung jedoch bereits in Aussicht gestellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde statthaft. Sie ist binnen eines Monats nach Zustellung beim Sozialgericht Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Georg-Wilhelm-Straße 1, 29223 Celle oder der Zweigstelle des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

gez. Dr. B.
Richter am Sozialgericht

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