BGH, Urteil vom 16. 6. 2010 – VIII ZR 280/09; LG Berlin (Lexetius.com/2010,2188) = WuM 2010, 478
Haben die Mietvertragsparteien vereinbart, dass der Mieter die anteiligen Kosten für künftige Schönheitsreparaturen nach einem Kostenvoranschlag des Vermieters oder eines Fachbetriebs zu zahlen hat, so schuldet der Mieter den Abgeltungsbetrag einschließlich der Umsatzsteuer.
Es ging um folgende Klausel:
„Endet das Mietverhältnis vor Fälligkeit der Schönheitsreparaturen, ist der Mieter verpflichtet, die anteiligen Kosten für die Schönheitsreparaturen entsprechend dem Kostenvoranschlag des Vermieters oder eines vom Vermieter eingeholten Kostenvoranschlags eines Fachbetriebes zu zahlen. Der Mieter ist berechtigt, ebenfalls einen Kostenvoranschlag eines Fachbetriebes vorzulegen, wobei dieser nur berücksichtigt wird, wenn er günstiger ist als der des Vermieters. Dem Mieter ist es unbenommen, seiner anteiligen Zahlungsverpflichtung dadurch zuvorzukommen, dass er vor dem Ende des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen in kostensparender Eigenarbeit fachgerecht ausführt oder ausführen lässt. …“
Nach dem Wortlaut der Vereinbarung hat der Mieter „die anteiligen Kosten für die Schönheitsreparaturen entsprechend dem Kostenvoranschlag des Vermieters oder eines vom Vermieter eingeholten Kostenvoranschlags eines Fachbetriebs zu zahlen“. Die Vereinbarung sieht weiter vor, dass es dem Mieter unbenommen bleibt, einen günstigeren Kostenvoranschlag eines Fachbetriebs vorzulegen.
Aus diesem Wortlaut erschließt sich zweifelsfrei, dass ein Kostenvoranschlag auf Bruttobasis, also einschließlich der Umsatzsteuer, jedenfalls eine zulässige Grundlage der Berechnung des Abgeltungsbetrags sein sollte. Denn der Kostenvoranschlag eines Fachbetriebs weist regelmäßig, da es sich um einen Leistungsaustausch handelt, Umsatzsteuer aus. War damit nach dem Willen der Parteien eine Berechnung des Quotenabgeltungsbetrags auf Bruttobasis zulässig, kann dieses von den Parteien in vertragsautonomer Entscheidung getroffene Ergebnis entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit der Erwägung in Frage gestellt werden, dass die Abwälzung der Schönheitsreparaturen einen Teil des Mietentgelts für die Gebrauchsüberlassung der Mieträume darstelle und für die Miete keine Umsatzsteuer zu zahlen sei.
Beachte:
In seinem Urteil vom 29.5.2013 hat der BGH – VIII ZR 285/12 – seine diesbezügliche Rechtsprechung geändert:
Danach hat der BGH entschieden, dass eine Formularklausel über die anteilige Abgeltung von Schönheitsreparaturen (Quotenabgeltungsklausel) in einem Mietvertrag über Wohnraum unwirksam ist, wenn für den Abgeltungsbetrag der Kostenvoranschlag eines vom Vermieter ausgewählten Malers verbindlich sein soll.
BGH, Urteil v. 29.5.2013, VIII ZR 285/12
Der amtliche Leitsatz lautet:
Eine formularmäßige Klausel in einem Wohnraummietvertrag, die den Mieter verpflichtet, sich anteilig an den Kosten zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht fälliger Schönheitsreparaturen zu beteiligen (Quotenabgeltungsklausel), und zur Berechnung der Abgeltungsbeträge folgende Regelung vorsieht:
„Berechnungsgrundlage ist der Kostenvoranschlag eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäfts“,
ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (Aufgabe von Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 6. Juli 1988 – VIII ARZ 1/88, BGHZ 105, 71, 79 ff., und von Senatsurteil vom 6. Oktober 2004 – VIII ZR 215/03, WuM 2004, 663).
Zur Abgeltung noch nicht fälliger Renovierungsarbeiten bei Auszug des Mieters sah der Mietvertrag vor:
„§ 4 Abs. 5 c: Die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter wurde bei der Berechnung der Miete berücksichtigt. Endet das Mietverhältnis und sind zu diesem Zeitpunkt Schönheitsreparaturen nach § 12 Abs. 1 des Mietvertrages noch nicht fällig, so hat sich der Mieter nach Maßgabe der nachfolgenden Regelungen an den Kosten der Schönheitsreparaturen zu beteiligen:
Berechnungsgrundlage ist der Kostenvoranschlag eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäfts. Der hiervon von dem Mieter zu zahlende Anteil entspricht in der Regel dem Verhältnis der vollen Fristen nach § 12 Abs. 1 des Mietvertrags zu der zwischen Ausführung der letzten Schönheitsreparaturen …“
Die Quotenabgeltungsklausel dient dazu, dem Vermieter, der von dem ausziehenden Mieter mangels Fälligkeit der Schönheitsreparaturen nach dem Fristenplan keine Endrenovierung verlangen kann, wenigstens einen prozentualen Anteil an Renovierungskosten für den Abnutzungszeitraum seit den letzten Schönheitsreparaturen zu sichern. Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter grundsätzlich nicht unangemessen.
Allerdings berücksichtig die Quotenabgeltungsklausel die Belange des Mieters nicht ausreichend.
Die Bestimmung, dass Berechnungsgrundlage für den Abgeltungsbetrag „ein Kostenvoranschlag eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäfts“ sein soll, ist mehrdeutig. Sie kann zum einen so verstanden werden, dass der Kostenvoranschlag als unverbindliche Berechnungsgrundlage dienen soll, zum anderen aber auch so, dass dem Kostenvoranschlag bindende Wirkung für die Bemessung der Abgeltungsquoten zukommt und der Mieter keine Einwände erheben kann.
Bei der Auslegung der Klausel ist die mieterfeindlichste Auslegung zugrunde zu legen, also die, wonach der Kostenvoranschlag für den Mieter verbindlich ist. In dieser Auslegung beschneidet § 4 Abs. 5 c Satz 3 des Mietvertrags den Mieter unangemessen in seinen Rechten. Denn der eingeholte Kostenvoranschlag für die Schönheitsreparaturen ist bei dieser Auslegung auch dann für die Bemessung der Abgeltungsbeträge verbindlich, wenn der von der Vermieterin ausgewählte Fachbetrieb einen unzutreffend hohen Renovierungsaufwand zugrunde gelegt oder überhöhte Preise angesetzt hat. Dies führt zur Unwirksamkeit der Klausel gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Folge der unangemessenen Beschränkung der Rechte des Mieters bei der Berechnung der Abgeltungsbeträge ist die Unwirksamkeit der Quotenabgeltungsklausel schlechthin, BGH, Urteil v. 29.5.2013, VIII ZR 285/12.
Anmerkung:
Diese Rechtsprechung des BGH ist aus Mietersicht erfreulich, da der BGH seine im Hinblick auf §§ 305c Abs. 2, 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verfehlte Rechtsprechung aufgegeben hat.
Dies bedeutet im Ergebnis, die Unwirksamkeit all jener verwendeten Abgeltungsklauseln, aus denen sich dies nicht ausdrücklich ergibt.
Die Verwender der Abgeltungsklausel (Vermieter) können sich bei dieser als unwirksam einzustufenden Quotenabgeltungsklausel auch nicht dadurch retten, dass sie unter Hinweis auf diesen Rechtsentscheid und die hieraus resultierende bisherige Rechtsprechung auf Vertrauensschutz berufen, da es einen solchen nicht gibt
BGH, WuM 2008, 278.
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