AG Bremen, Beschluss vom 08.08.2014 – 68 F 2177/14 EASO

Amtsgericht Bremen
Beschluss

In der Familiensache

betreffend die elterliche Sorge für
L. K., geboren am … in Bremen,
– Betroffener –

vertreten durch die Verfahrensbeiständin
Frau Dipl.-Päd. W. H., Lilienthal

Beteiligte:
1. Amt für Soziale Dienste Sozialzentrum Süd Sozialdienst Junge Menschen, Große Sortillienstr, 2 – 18, 28199 Bremen, Geschäftszeichen:
2. Amt für Soziale Dienste Sozialzentrum Mitte – Fachdienst Amtsvormundschaft -, Rembertiring 39, 28203 Bremen – Pfleger

3. P. K., geboren am … in Bremen,
– Kindesmutter —

Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwältin M. H., Bremen

4. A. H. , geboren am … in Bremen,
– Kindesvater –

Verfahrensbevollmächtigte:
Rechtsanwältin A. B., Bremen

hat das Amtsgericht – Familiengericht – Bremen durch die Richterin am Amtsgericht Dr. T. im Wege der einstweiligen Anordnung am 08.08.2014 nach mündlicher Anhörung beschlossen:

Der Kindesmutter wird die elterliche Sorge für L. K., geboren am …, Bremen vorläufig entzogen und dem Kindesvater übertragen.

Es wird davon abgesehen, Gerichtskosten zu erheben. Die zur Durchführung des Verfahrens notwendigen Aufwendungen der Beteiligten trägt jeder Beteiligte selbst.

Der Verfahrenswert wird auf 1.500 € festgesetzt.

Die Entscheidung ist sofort wirksam.

Grunde:

Der Kindesmutter ist nach Anhörung aller Verfahrensbeteiligten im Wege der einstweiligen Anordnung die elterliche Sorge für das Kind L. K. zu entziehen und auf den Kindesvater zu übertragen, da dies dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf das Protokoll und den Anhörungsvermerk vom 01.07.2014 Bezug genommen. Eine Rückführung des Kindes zur Kindesmutter zum derzeitigen Zeitpunkt kommt danach derzeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht in Betracht. Nach den schlüssigen Ausführungen im Sachverständigengutachten vom 21.05.2014 im Verfahren 68 F 3201/11 UG und den Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Anhörung liegt bei der Kindesmutter eine erhebliche Bindungsintoleranz gegenüber dem Kindesvater vor. Im Übrigen liegen Anzeichen für ein Münchausen-by-proxy Syndrom bei der Kindesmutter vor. Das Kind zeigte bei der Kindesmutter Verhaltensauffälligkeiten sowohl in Form autoaggressiven Verhaltens als auch durch aggressives Verhalten gegenüber gleichaltrigen Kindern. Bei einem Verbleib des Kindes bei der Kindesmutter besteht die Gefahr, dass das Kind in seinen Entwicklungsmöglichkeiten massiv beeinträchtigt wird. Die von der Kindesmutter in der Anhörung nunmehr erklärte Bereitschaft Umgangskontakte zum Kindesvater ausweiten zu wollen, erscheint angesichts der Vorgeschichte der letzten knapp 3 Jahre nicht nachhaltig. Auch in der Vergangenheit wurden mehrfach Vereinbarungen zwischen den Kindeseltern im Rahmen des Verfahrens 68 F 3201/11 UG geschlossen, welche letztlich unter Verweis auf Krankheiten des Kindes immer wieder konterkariert wurden durch die Kindesmutter.

Im Übrigen lebt das Kind nunmehr seit 2 Monaten beim Kindesvater. Sowohl nach der kurzen Stellungnahme des Jugendamtes vom 07.08.2014 als auch dem Bericht der Verfahrensbeiständin vom 07.07.2014 entwickle sich das Kind beim Kindesvater sehr gut und zeige immer weniger Auffälligkeiten. Auch unter dem Gesichtspunkt der für die Entwicklung des Kindes erforderlichen Kontinuität und Stabilität kommt eine Rückführung des Kindes zur Kindesmutter jedenfalls vor einer Entscheidung in der Hauptsache nicht in Betracht.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kindesvater nicht in der Lage sei, die elterliche Sorge für das Kind verantwortungsvoll auszuüben, sind im Rahmen des Verfahrens nicht erkennbar worden. Eine Veranlassung das Sorgerecht einem Vormund zu übertragen besteht danach nicht.

Von der Anhörung des Kindes hat das Gericht abgesehen, da nach den vorstehenden Erwägungen die Entscheidung über den Entzug der elterlichen Sorge im Wege der einstweiligen Anordnung zwingend erforderlich war und aufgrund des Alters des Kindes durch eine persönliche Anhörung des Kindes weitere Erkenntnisse nicht zu erwarten waren.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 51 Abs. 2, 80, 81 FamFG.

Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf den §§ 41, 45 FamGKG.

Rechtsbehelfsbelehrung

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde angefochten werden. Sie ist innerhalb von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Bremen, Ostertorstr.. 25 – 31, 28196 Bremen, einzulegen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe der Entscheidung.

Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Darüber hinaus können Behörden Beschwerde einlegen, soweit dies gesetzlich bestimmt ist. Ein Kind, für das die elterliche Sorge besteht oder ein unter Vormundschaft stehendes Mündel kann selbstständig ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters Beschwerde einlegen, wenn es über 14 Jahre alt und nicht geschäftsunfähig ist.

Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des genannten Gerichts eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem genannten Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

Die Beschwerde soll begründet werden.

Dr. T.
Richterin am Amtsgericht

Anmerkung:

Wir haben das Mandat nunmehr übernommen und Beschwerde eingelegt. Über den Fortgang des Beschwerdeverfahrens werden wir berichten.

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