AG Bremen, Urteil vom 18.04.2012 – 19 C 315/11

Verkündet am 18.04.2012

Amtsgericht Bremen

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

hat das Amtsgericht Bremen nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens unter Berücksichtigung der bis zum 28.3.2012 eingegangenen Schriftsätze durch Richter am Amtsgericht S. für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger € 735,25 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf € 165,25 seit dem 4.2.2011 und auf jeweils € 285,00 seit dem 4.3.2011 und dem 6.4.2011 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung abwenden, wenn er Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages leistet, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über wechselseitige Zahlungsansprüche aus dem zwischen den Parteien gemäß schriftlichem Mietvertrag vom 11.01.2010 bzw. 12.01.2010 begründeten und inzwischen beendeten Mietverhältnis über eine in Bremen in X-Strasse gelegene Wohnung.

Gemäß § 3 des Mietvertrages (vgl. BI. 14 ff d.A.) wurde eine Gesamtmiete von € 285,00 monatlich vereinbart, die gemäß § 4 des Mietvertrages monatlich im Voraus, spätestens am 3. Werktag des Monats von dem Beklagten zu zahlen war. Nach § 2 des Mietvertrages wurde ein wechselseitiger Kündigungsverzicht auf die Dauer von einem Jahr ab Vertragsschluss vereinbart. Eine ordentliche Kündigung sollte demnach erstmals nach Ablauf des bezeichneten Zeitraums mit der gesetzlichen Frist zulässig sein.

Der Beklagte kündigte mit dem am 27.8.2010 der Klägerin eingegangenen Schreiben vom 2.9.2010 zum 31.12.2010. Die Klägerin bestätigte den Eingang sowie die Wirksamkeit der Kündigung zum 30.4.2011 (vgl. BI. 41 d.A.). Im Dezember 2010 gab der Beklagte die Wohnung besenrein an die Klägerin heraus. Die Mieten für die Monate Oktober 2010 und Dezember 2010 bis einschließlich April 2011 zahlte er nicht. Darauf verrechnete die Klägerin einen zusätzlich zur Novembermiete 2010 gezahlten Betrag des Beklagten von € 215,00, eine Mietsicherheit des Beklagten in Höhe von € 557,59 sowie ein Guthaben des Beklagten aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2010 in Höhe von € 202,16.

Die Klägerin ist der Meinung, dass das Mietverhältnis zwischen den Parteien gemäß § 2 des Mietvertrages zum 30.04.2011 endete. Ihr stünde demnach noch ein Teil der Miete für Februar in Höhe von € 165,25 sowie die Mieten für März und April jeweils in Höhe von € 285,00, also insgesamt € 735,25 zu.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie € 735,25 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus € 165,25 seit dem 4.02.2011 sowie aus jeweils € 285,00 seit dem 4.03.2011 und dem 6.4.2011 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt er,

die Klägerin zu verurteilen, an ihn € 689,75 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.01.2012 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, seine ordentliche Kündigung mit Schreiben vom 27.08.2010 habe das Mietverhältnis wirksam zum 31.12.2010 beendet, sodass die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin nicht bestünden.

Der in § 2 des Mietvertrages vereinbarte Kündigungsausschluss sei unwirksam, wie aus der Entscheidung des BGH vom 8.12.2010 (BeckRS 2011, 00120) folge. Die Jahresfrist beginne am Tag der Vertragsunterzeichnung und nicht am eigentlichen Mietbeginn. Ferner müsse eine Kündigung unter Berücksichtigung der ordentlichen Kündigungsfrist des § 573 c Absatz 1 BGB von 3 Monaten zum Ablauf der Jahresfrist möglich sein, nicht erst nach Ablauf des Kündigungsausschlusses.

Der Beklagte meint, ihm stünde deshalb ein sich aus dem Deponat und dem Nebenkostenguthaben sich nach Abzug der Dezembermiete ergebendes Restgesamtguthaben in Höhe von € 689,75 zu, das er mit de Widerklage geltend mache.

Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich ihrer Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im Hinblick auf den unstreitig abgeschlossenen Mietvertrag begründet aus § 535 Absatz 2 BGB. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von € 735,25 zu.

Die Widerklage ist hingegen unbegründet und daher abzuweisen.

Die Kündigung des Beklagten vom 27.08.2010 führte nicht zu einer Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2010, sondern erst zum 30.4.2011, denn die Parteien haben in § 2 des Mietvertrages wechselseitig einen Kündigungsverzicht für die Zeit von einem Jahr ab Vertragsbeginn vereinbart.

Eine ordentliche Kündigung sollte erstmals nach Ablauf von einem Jahr ab Vertragsbeginn mit der gesetzlichen Frist zulässig sein. Vertragsbeginn war der 16.01.2010, somit war eine ordentliche Kündigung erstmals zum 16.01.2011 mit der gesetzlichen Frist von 3 Monaten möglich. Dadurch wurde eine Bindung der Parteien für 15 % Monate begründet.

Dieser wechselseitige Kündigungsverzicht ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht unwirksam. Der Beklagte beruft sich insoweit zu Unrecht auf die o.g. Entscheidung des BGH vom 8.12.2010. Jener Entscheidung lag ein Bindungszeitraum von mehr als vier Jahren zugrunde. Unter Bezugnahme auf die Bindungsfrist in § 557 a Absatz 3 BGB nimmt der BGH erst dann einen unzulässigen Kündigungsausschluss an, wenn ein Zeitraum von insgesamt 4 Jahren überschritten wird. Insoweit kann aus der Entscheidung zitiert werden:

[14] a) § 557a Abs. 3 BGB regelt den zulässigen Kündigungsausschluss für Staffelmietverträge in der Weise, dass die vierjährige Höchstfrist vom Abschluss des Mietvertrags und nicht vom Beginn des Mietverhältnisses zu berechnen ist (dazu Senatsurteil vom 3. Mai 2005 – VIII ZR 243/05, NZM 2006, 579 Rn. 13) und dass die Kündigung jedenfalls zum Ablauf eines Zeitraums von vier Jahren ab Vertragsabschluss zulässig sein muss (§ 557a Abs. 2 Satz 2 BGB). Im Ergebnis ist deshalb bei der Staffelmiete – auch im Wege einer Individualvereinbarung – nur eine vertragliche Bindung des Mieters für die Dauer von maximal vier Jahren ab Vertragsschluss möglich.

Dieser wechselseitige Kündigungsverzicht ist auch nicht deshalb unwirksam, wenn er Teil der von Klägerseite eingebrachten AGB, und nicht auch eine Individualvereinbarung ist, denn in § 2 Mietvertrag genannte Zeitraum von einem Jahr ist regelmäßig auch für den Mieter in zeitlicher Hinsicht überschaubar. Da die Kündigungsmöglichkeiten aus wichtigem Grund ausdrücklich ausgenommen werden, liegt darin keine unangemessene Benachteiligung iSd §§ 307 ff BGB. Solch ein zeitlich kurz begrenzter Ausschluss des beiderseitigen Rechts zur ordentlichen Kündigung ist formularmäßig nicht zu beanstanden. Insoweit kann auf die für andere Dauerschuldverhältnisse in § 309 Ziffer 9 a) BGB genannte Höchstfrist der Vertragsbindung von 2 Jahren Bezug genommen werden.

Die Kündigungsfrist aus § 573 BGB wird durch die Vereinbarung nicht verändert, sodass der Kündigungsverzicht auch nicht durch § 573c Absatz 4 BGB ausgeschlossen wird. Die Vereinbarung eines formularmäßigen Kündigungsausschlusses ist nicht schon für sich allein als unangemessene Benachteiligung des Mieters im Sinne von § 307 ff BGB zu werten.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 247, 286 Abs. I, 288 Abs. 1 BGB. Wegen der Fälligkeit der der Mieten gemäß § 4 Mietvertrag befand sich der Beklagte jeweils ab dem 4.02.2011, 4.03.2011 sowie ab dem 6.04.2011 in Verzug.

Die gem. § 33 ZPO zulässige Widerklage ist demnach wegen der Beendigung des Mietvertrags zum Ende April 2611 unbegründet und abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

Unterschrift

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