AG Kiel, Urteil vom 30.01.2015 . 120 C 155/14

Amtsgericht Kiel Teil-Anerkenntnis- und Endurteil Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit … wegen Verletzung von Urheberrechten im Internet hat das Amtsgericht Kiel durch den Richter am Amtsgericht … auf Grund der mündlichen Verhandlung vorn 03.12 2014 für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin … nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit … zu beahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 56 % und der Beklagte 44 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Ersatz von Abmahnkosten wegen einer Urheberrechtsverletzung.

Die Klägerin ist u.a. in Deutschland Inhaberin auschließlicher Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Filmwerk „…“. Das Budget für diesen Film betrug 6.100.000 $. Er wurde in Deutschland erstmals am 05 11.2009 im Kino veröffentlicht.

Der Beklagte machte den Film am 27.11.2009 um 17:52.43 Uhr mittels eines Filesharingprogramms öffentlich im Internet zugänglich.

Aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Köln vom … offenbarte die zur Auskunft verpflichtete Deutsche Telekom AG die dem Beklagten zugeordnete IP-Adresse.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08.03.2010 ließ die Klägerin den Beklagten abmahnen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K9 (Blatt 26 ff. der Akten) Bezug genommen.

Die Klägerin meint, der Abmahnung sei ein Gegenstandswert von 7.500,- € zugrunde zu legen. Ihr stehe im Wege der Lizenzanalogie ein Schadensersatzanspruch in Höhe von jedenfalls 400,- zu.

Die Klägerin beantragt,

1 den Beklagten zu verurteilen, an sie einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermesen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insgesamt nicht weniger als 400,- € betragen soll, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von …nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seil Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat den mit der Kläge geltend gemachten Anspruch in Höhe von … anerkannt und im Übrigen beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Anspruchsbegründung ist dem Beklagten am 20.09.2014 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist – soweit nicht der geltend gemachte Anspruch anerkannt worden ist – unbegründet. Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Dem Grunde nach steht der Klägerin gegen den Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz aus 97 Abs. 2 UrhG zu, da die Verletzung des der Klägerin zustehenden Urheberrechts durch den Beklagten feststeht.

Der Höhe nach schätzt das Gericht den Schaden gemäß § 287 ZPO auf 100.- Euro. Im Ansatz geht das Gericht u.a, mit dem Amtsgericht Düsseldorf davon aus, dass bei der Bemessung des Schadenersatzes nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ein privater Filesharer mit einem kommerziellen Lizenznehmer nicht gleichzusetzen sein kann (AG Düsseldorf, Urteil vom 20. Mai.201,4 — 57 C 16445/13 —. juris). Das Amtsgericht Düsseldorf macht hierzu folgende überzeugende Ausführungen:

„Die Tatsache, dass Lizenzen zum Filesharing auf dem Markt nicht angeboten werden, führt zwar nicht zur Unanwendbarkeit der Berechnung des Schadenersatzes nach den Grundsätzen der Lizensanalogie, darf aber auch nicht dazu führen, dass eine ungeeignete Vergleichslizenz herangezogen wird. Es besteht daher keine ausreichende Grundlage, unabhängig von der Dauer der Filesharing-Nutzung einen hohen Pauschalbetrag mit der Begründung festzusetzen, dass Lizenzen zur Verbreitung in geringem Umfang nicht marktüblich seien, vielmehr mit hohen Mindestbeträgen operiert würde. Das Betreiben von Filesharing durch eine Privatperson kann wegen der Andersartigkeit der Verbreitung als auch wegen dem fehlenden kommerziellen Interesse – eigentlicher Zweck der Nutzung des Filesharings ist die Versorgung mit Mediendateien zur Eigennutzung – nicht mit der Verbreitung durch einen kommerziellen Lizenznehmer verglichen werden. Auch überzeugt die Argumentation nicht, der Schadenersatz sei an hohen Pauschalbeträgen zu orientieren, weil wegen der erheblichen Risiken der Rechteinhaber eine Lizenz zum Filesharing fiktiv nur zu sehr hohen Pauschalen anbieten würde, denn eine solche Lizenz wäre wegen der Unentgeldichkeit des Filesharing nicht marktgängig. Mangels geeigneter Vergleichslizenz auf dem Markt hat sich der Schadenersatz daher zunächst an der auf dem Markt erzielbaren Lizenzeinnahme für einen Einzeldownload über einen legalen Anbieter zu orientieren (Einsatzbetrag). Sodann ist eine Multiplikation mit der Anzahl der zu erwartenden berücksichtigungsfähigen Dowloads  (also solchen, die den Rechteinhaber beeinträchtigen) vorzunehmen, nachfolgend ist die besondere Eingriffsintensität des Filesharing dursh einen Aufschlag zu berücksichtigen. Schlussendlich ist eine überprüfung vorzunehmen, ob das so gefundene Ergebnis auch bei einer Vielzahl von Titeln noch angemessen ist (OLG Hamburg aa0).,,

Den Einsatzbetrag schätzt das Gericht hier auf 15,- Euro, da sich das Werk zum Tatzeitpunkt in der Hauptverwertungsphase befand.

Die zu erwartenden berücksichtigungsfähigen Downloads schätzt das Gericht auf fünf. Dabei legt das Gericht auch hier bei lebensnaher Betrachtung einen DSL 6000 Anschluss zugrunde. Solche verfügen über eine Downloadgeschindigkeit von 752 KB/s und eine Uploadgeschwindigkeit von 48 KB/s. Aufgrund der hohen Komprimierungsrate (XViD) geht das Gericht von einer Dateigröße von 1 GB aus. Der Download der Datei dürfte daher etwa drei Stunden gedauert haben. Ein Chunk von 9 MB, also einer kleinsten Eirheit, aus denen sich die gesamte heruntergeladene Datei zusammensetzt, kann also in rund 25 Minuten hochgeladen werden. Daher können maximal sieben Chuncks hochgeladen worden sein. Es ist jedoch ein Abschlag vorzunehmen, da trotz der laufenden Verwertungsphase ein dauerhafter Upload nicht zu erwarten ist. Es errechnet sich daher Zwischenbetrag von 75 Euro.

Insoweit ist wegen der Eingriffsqualität durch das Filesharing ein Aufschlag vorzunehmen, dass im Ergebnis ein geschätzter Schaden von 100,- € angemessen erscheint.

Die Klägerin hat zudem Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten aus § 97a Abs. 1 UrhG a.F. Der Höhe nach besteht der Anspruch aber nur im Umfang von 192,20 € (1,3 fache Gebühr nach einem Wert von 2.000 Euro zzgl. Auslagenpauschale nach RVG a.F.). Das Amtsgericht Kiel hat in einem vergleichbaren Fall folgende überzeugende Ausführungen gemacht (Urteil vom 22.04.2014, Az. 114 C 24114):

„Der Gegenstandswert der Abmahnung beträgt 2.000 Euro. Dabei ist zu berücksichtigen. dass der Beklagte – soweit vorgetragen – nur einen Film im Internet zum Tausch bereitstellte und dass es sich dabei, wiederum soweit vorgetragen, um den ersten Verstoß handelte. Für derartige Fälle haben die Gerichte bei Geltung des § 97 a Abs. 2 UrhG die Streitwerte sehr unterschiedlich festgesetzt, von 1.000 Euro (AG Hamburg, Urt. v. 12.7.2013 – 31c 225/13 – „juris`) über 1.200 Euro (AG Halle/Saale, Urt. v. 24.11.2009 – 95 C 3258/09), 2.000 Euro (OLG Hamm. 20.3.2013 – 22 W 42113 – dort allerdings für ein einstweiliges Verfügungsverfahren), 3.500-4.000 Euro (AG Köln, Urt. v. 5.11.2012 – 137 C 521/11), 10 000 Euro (LG Köln, Urt. v. 2.3.2011 – 28 0 770/11 juris-). Soweit de Entscheidungen auf den Gedanken Generalprävention abstellen (LG Köln a.a.O.), folgt das Gericht dem nicht. In einem Individualanspruch gegen einen einzelnen Beklagten kann dieser Gesichtspunkt nicht eingreifen (vgl; OLG Hamm NJW-RR 2014, 229, 230)“

Auch diese Ausführungen macht sich das Gericht zu Eigen.

Zinsen stehen der Klägerin aus §§ 288, 291 BGB zu.

Anmerkung:

Genau wie das Amtsgericht Düsseldorf im Urteil vom 20.05.2014 – Az.: 57 C 16445/13-, hat nunmehr auch das AG Kiel richtigerweise darauf hingewiesen, dass privates Filesharing nicht mit kommerziellen Filesharing gleichgesetzt werden darf.  Ein privater Filesharer wurde daher lediglich zur Zahlung eines Schadensersatzes von 100 EUR verurteilt.

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