LG Bremen, Urteil vom 14.02.2018 – 1 S 96/17

4 C 132/16 Amtsgericht Bremen

Landgericht Bremen

Im Namen des Volkes Urteil
In dem Rechtsstreit

1. Frau A. J., Bremen,
2. Herrn M. W., Bremen,
Beklagte und Berufungskläger

Prozessbevollmächtigte zu 1, 2: Rechtsanw. …, Bremen,

gegen

Herrn C. K., Bremen,
Kläger und Berufungsbeklagter

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanw. Heino Beier, Gröpelinger Heerstraße 387, 28239 Bremen,

hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Bremen auf die mündliche Verhandlung vom 24.01.2018 durch

den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. H.,
die Richterin H.-C. und
die Richterin am Landgericht Dr. R.

für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 10.03.2017 dahingehend abgeändert, dass das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Bremen vom 04.11.2016 aufgehoben und die Klage abgewiesen wird.

2. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Berufungsverfahrens trägt der Kläger mit Ausnahme der durch die Säumnis entstandenen Kosten, die die Beklagten als Gesamtschuldner tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert wird festgesetzt auf: 2.060,00 €.

Gründe

Die Parteien streiten um Mietzahlungen für die Monate April und Mai 2016. Die Beklagten, die von dem Kläger ein Haus mieteten, das er wiederum von der Eigentümerin angemietet hatte, sind durch Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 10.03.2017 zur Zahlung verurteilt worden. Mit der Berufung begehren die Beklagten ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 10.03.2017 (Bl. 94 ff. d.A.) wird Bezug genommen.

Gegen das erstinstanzliche Urteil vom 10.03.2017, das den Beklagten am 21.03.2017 zugestellt worden ist, haben diese mit einem am 21.04.2017 beim Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren am 22.05.2017 eingegangenen Schriftsatz begründet.

In der Berufungsbegründung berufen die Beklagten sich auf eine Rechtsverletzung (§§ 513, 546 ZPO), da das Amtsgericht fehlerhaft nicht gewürdigt habe, dass der Kläger seine Hauptpflicht aus dem Mietvertrag, nämlich Besitzverschaffung, nicht mehr habe erfüllen können, nachdem die Eigentümerin des Hauses die Schlösser gewechselt habe.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger meint, die Mietzahlungspflicht bestehe weiter, da die Beklagten auch nach dem Austausch der Schlösser durch die Eigentümerin, der im Einverständnis der Beklagten erfolgt sein müsse, im Besitz der Mietsache gewesen seien. Die Eigentümerin habe ihm gegenüber verbotene Eigenmacht verübt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.01.2018 Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch aus Mietzinszahlung aus § 535 Abs. 2 BGB.

Zwischen den Parteien ist ein Untermietvertrag geschlossen worden, dessen Wirksamkeit vorliegend auch nicht dadurch berührt wird, dass die Eigentümerin keine Kenntnis von der Untervermietung hatte. Denn die Wirksamkeit des Untermietverhältnisses ist nicht abhängig von der Zustimmung der Eigentümerin zur Untervermietung gegenüber dem Kläger als Hauptmieter. Auch die erfolgte Kündigung des Hauptmietverhältnisses wegen der erfolgten Untervermietung ändert per se zunächst einmal nichts an dem Bestand des Untermietverhältnisses (vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 1987,1304 m.w.N.).

Der Anspruch des Klägers auf Mietzahlung ist jedoch gem. § 326 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Dem Kläger war es nach dem Austausch der Schlösser im März 2016 im Sinne des § 275 Abs. 1 BGB unmöglich, den Beklagten Besitz am Mietobjekt zu verschaffen.

Die Besitzverschaffungspflicht des Vermieters (vgl. dazu statt vieler: BGH, Urteil vom 27. April 2016 – VIII ZR 323/14 juris, Rz. 22 ff.) ist eine Hauptpflicht aus dem Mietvertrag, die durch ein aktives Handeln des Vermieters zu erfüllen ist. Die Pflicht des Vermieters beschränkt sich weder auf die Übergabe noch auf die Überlassung der Sache. Nicht ein Dulden des Gebrauchs, sondern eine darüber hinausgehende positive Tätigkeit wird geschuldet (MüKoBGB/Häublein, BGB, 7. Aufl., § 535 Ftn. 65 ff., beck-online). Die Erfüllung dieser Pflicht geschieht regelmäßig durch Überlassung der zur Mietwohnung gehörenden Wohnungsschlüssel (vgl. OLG Naumburg ZMR 2000, 290). Dabei wird durch den Begriff „gewähren“ in § 535 BGB verdeutlicht, dass die Pflicht des Vermieters nicht nur in der einmaligen Handlung des Überlassens besteht, sondern der Vermieter während der gesamten Mietzeit dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch ermöglichen muss (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, BGB, 13. Aufl., § 535 Rn. 1 f., beck- online), was vorliegend nach dem Austausch der Schlösser dem Kläger unmöglich geworden war. Die vom Kläger an die Beklagten überlassenen Schlüssel waren nämlich nach dem Austausch der Schlösser durch die Eigentümerin nicht mehr geeignet, den Beklagten Besitz am Mietobjekt zu verschaffen. Faktisch endete daher die Besitzmittlung des Klägers an die Beklagten mit dem Austausch der Schlösser durch die Eigentümerin und er hatte keine Möglichkeit, den Beklagten den Gebrauch zu ermöglichen (vgl. zum Ende der Gebrauchsgewährung bei Austausch der Schlösser: Palandt/Weidenkaff, BGB, 76. Aufl. 2017, § 535 Rn.14 mwN).

Dass die Beklagten ihrerseits aufgrund des Verhaltens der Eigentümerin Besitz am Mietobjekt erhalten haben, ist insofern unbeachtlich, da diese Besitzverschaffung unstreitig nicht auf ein Verhalten des Klägers zurückzuführen ist, insbesondere war die Eigentümerin keine Erfüllungsgehilfin des Klägers. Vielmehr beruhte die (neue) Besitzverschaffung der Eigentümerin gegenüber den Beklagten darauf, dass die Eigentümerin ihrerseits durch die Besitzverschaffung ihre Pflichten aus dem (neuen) Mietvertrag erfüllen wollte. Die Besitzverschaffung der Eigentümerin kann dem Kläger somit nicht zugerechnet werden.

Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 07.08.2017 erstmals in der Berufungsinstanz vorträgt, die Eigentümerin hätte die Schlösser im Einvernehmen mit den Beklagten ausgetauscht, so führt dies nicht dazu, dass die Beklagten gem. § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Zahlung des Mietzinses an den Kläger verpflichtet geblieben sind. Denn gem. § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB wäre dafür erforderlich, dass die Beklagten für den Umstand alleine oder weit überwiegend verantwortlich gewesen sind. Dies war indes nicht der Fall. Die Beklagten waren nicht weit überwiegend dafür verantwortlich, dass ein Austausch der Schlösser durchgeführt wurde, sondern der Austausch geschah durch die Eigentümerin, die dem Kläger fristlos den Mietvertrag gekündigt hatte. Ob diese Kündigung durch die Eigentümerin gegenüber dem Kläger wirksam war, kann dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls haben die Beklagten die Kündigung durch die Eigentümerin nicht zu verantworten.

Dies ist auch dem Kläger gegenüber nicht unbillig, weil der Kläger seinerseits gegenüber der Eigentümerin gern. § 537 Abs. 2 BGB von seiner Pflicht zur Mietzahlung befreit ist, da diese aufgrund der Besitzüberlassung an die Beklagten gehindert ist, dem Kläger den Gebrauch zu gewähren. Aufgrund der Relativität der Schuldverhältnisse ist die jeweilige Mietzahlungspflicht innerhalb des einzelnen Mietverhältnisses zu bewerten.

Nach alledem kann der Kläger von den Beklagten nicht die Zahlung des Mietzinses für die Monate April und Mai 2016 verlangen, sodass das Urteil des Amtsgerichts Bremen aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 344 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

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