LG Düsseldorf, Urteil vom 09.05.2012 – Az.: 12 O 99/11 (unter Bezugnahme auf den Beschluss des OLG Düsseldorf I-20 W 132/11)

Verkündet am 09.05.2012 (rechtskräftig)

Landgericht Düsseldorf

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

1. XXX, Hamburg,
2. XXX, Berlin,
3. XXX, Köln,
4. XXX, München,

Klägerinnen,

Prozessbevollmächtigte: Rasch Rechtsanwälte, An der Alster 6, 20099 Hamburg,

gegen

1. Herrn D. P. C., Schwanewede,
2. Herrn A. C., Schwanewede,

Beklagten,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Beier & Beier, 28239 Bremen,

hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 21.03.2012 durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht von Gregory, den Richter am Landgericht Sackermann und die Richterin Dr. Reimnitz

für R e c h t erkannt:

Der Beklagte zu 2. wird verurteilt, an die Klägerin zu 1. 600,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2011, an die Klägerin zu 2. 1.200,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2011, an die Klägerin zu 3. 300,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2011 und an die Klägerin zu 4. 900,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten tragen die Klägerinnen zu 49 % und der Beklagte zu 2. zu 51 %.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. tragen die Klägerinnen zu 100 %, die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. zu 49 %.

Der Beklagte zu 2. trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1. zu 45 %, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 2. zu 62 %, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 3. zu 29 % und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu 4. zu 55 %.

Im Übrigen findet eine Kostenausgleichung nicht statt.

 Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Vollstreckungsgläubiger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

T a t b e s t a n d:

Die Klägerinnen begehren Ersatz von Schäden infolge der Verletzung ihrer Leistungsschutzrechte durch den Beklagten zu 2. sowie den Ersatz der Kosten der Rechtsverfolgung.

Die Klägerinnen gehören zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern und sind als solche Inhaber ausschließlicher Verwertungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen nationaler und internationaler Künstler.

Die Klägerinnen lassen Ermittlungen zur Feststellung von Verletzungen ihrer Leistungsschutzrechte durch unautorisierte Internetangebote durchführen und bedienen sich insoweit Dienstleistungen der proMedia Gesellschaft zum Schutz geistigen Eigentums mbH (proMedia GmbH). Diese stellte fest, dass am 13.01.2007 um 01:16:48 Uhr unter der IP-Adresse XX.XXX.XXX.XXX mittels einer Filesharing-Software, die auf dem Gnutella-Protokoll basiert, 2745 Audio-Dateien zum Download verfügbar gemacht wurden. Nach Protokollierung der einzelnen Ermittlungsschritte wurde seitens der Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen mit Datum vom 07.02.2007 Strafantrag gegen Unbekannt bei der Staatsanwaltschaft Bremen gestellt. Ausweislich der im Zuge der Ermittlungen bei der Deutschen Telekom AG eingeholten Auskunft war die IP-Adresse XX.XXX.XXX.XXX zum streitgegenständlichen Zeitpunkt am 13.01.2007 um 01:16:48 Uhr dem Internet-Anschluss des Beklagten zu 1. zugeordnet. Auf Beschluss des AG Osterholz-Scharmbeck wurde die Wohnung des Beklagten zu 1. durchsucht. Im Rahmen der Durchsuchung wurde ein PC des Beklagten zu 2. begutachtet und sichergestellt, der sowohl die Software BearShare als auch mehrere tausend Musikdateien auf dem Speichermedium aufwies. Durch Urteil vom 02.08.2007 wurde der Beklagte zu 2. vom Amtsgericht Osterholz-Scharmbeck zur Leistung von 40 Stunden gemeinnütziger Arbeit nach Weisung des Jugendamtes verurteilt.

Mit Schreiben vom 15.02.2008, überreicht als Anlage K 8, forderten die Klägerinnen die Beklagten auf, „es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Vertragsstrafe in Höhe von 5.001,00 Euro zu unterlassen, geschütztes Musikrepertoire der Unterlassungsgläubiger ohne deren erforderliche Einwilligung im Internet Dritten verfügbar zu machen oder sonst wie auszuwerten“. Diese Erklärung unterzeichneten die Beklagten unter dem 11.03.2008.

Die Klägerinnen begehren die Erstattung der außergerichtlichen Abmahnkosten in Höhe von 2.925,60 Euro, wobei sie eine 1,6-Gebühr nach einem Gegenstandswert von 200.000,00 Euro in Höhe von 2.905,60 Euro sowie eine Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 Euro geltend machen.

Des Weiteren begehren die Klägerinnen, nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie für zehn Titel jeweils 300,00 Euro, die Klägerin zu 1. für die Titel „A Girl Like Me“ und „He Loves Me“ von Monrose, die Klägerin zu 2. für den Titel „Mama Ana Ahabak“ von Christina Stürmer, „Geile Zeit“ von Juli sowie „Out Of Reach“ und „The Only Ones“ von Reamonn, die Klägerin zu 3. für den Titel „Supergirl“ von Reamonn und die Klägerin zu 4. für die Titel „Troy“, „Mit freundlichen Grüßen“ und „Die Da“ von Die Fantastischen Vier. Den Klägerinnen stehen jeweils die ausschließlichen Online-Verwertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu.

Die Klägerinnen tragen vor:

Der im Schreiben vom 25.02.2007 verwendete Aufforderungstext sei wirksam und geeignet, den Rechtsstreit außergerichtlich zu erledigen. Der geltend gemachte Betrag von 300,00 Euro pro öffentlich zum Download zugänglich gemachten Song sei angemessen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerinnen zu 1. bis 4. Euro 2.925,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

darüber hinaus den Beklagten zu 2. zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. Schadensersatz in Höhe von 600,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

darüber hinaus den Beklagten zu 2. zu verurteilen, an die Klägerin zu 2. Schadensersatz in Höhe von 1.200,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

darüber hinaus den Beklagten zu 2. zu verurteilen, an die Klägerin zu 3. Schadensersatz in Höhe von 300,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

darüber hinaus den Beklagten zu 2. zu verurteilen, an die Klägerin zu 4. Schadensersatz in Höhe von 900,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten rügen die örtliche Zuständigkeit und beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor:

Ein Ortsbezug zu Düsseldorf sei nicht ersichtlich. Die Kosten der Abmahnung könnten nicht beansprucht werden, weil die Klägerinnen weder die Aktivlegitimation dargelegt hätten, noch ersichtlich sei, ob und an welchen Titeln den Klägerinnen Rechte zustehen. Der im Wege der Lizenzanalogie geltend gemachte Betrag von 300,00 Euro pro Song sei übersetzt. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass nach den GEMA Vergütungssätzen VR-OD 5 die Mindestvergütung je entgeltlich oder unentgeltlich genutztem Werk aus dem GEMA-Repertoire mit einer Spieldauer von bis zu fünf Minuten Euro 0,1278 pro Zugriff für jeden Titel vorsehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 31.03.2012 verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I.

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Düsseldorf folgt aus § 32 ZPO.

Nach dem Vorbringen der Klägerinnen ist das Download-Angebot der vorliegenden streitgegenständlichen Musik-Dateien im Internet weltweit, also auch im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Düsseldorf, erfolgt.

II.

In der Sache ist die Klage jedoch nur hinsichtlich der geltend gemachten Schadensersatzforderungen begründet. Ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten besteht indessen nicht.

 1.

Die Klägerinnen können in der jeweils geltend gemachten Höhe für die aus dem Tatbestand ersichtlichen Songs Schadensersatz nach §§ 97 Absatz 2 Satz 1, 19 a UrhG vom Beklagten zu 2. beanspruchen. Dieser stellt nicht in Abrede, dass den Klägerinnen an den genannten Songs, für die sie Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie gemäß § 97 Absatz 2 Satz 3 UrhG begehren, das ausschließliche Online-Verwertungsrecht zusteht. Nach § 97 Absatz 2 Satz 3 UrhG können die Klägerinnen eine angemessene Lizenzgebühr in der Höhe verlangen, die vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrages in Kenntnis der wahren Rechtslage und der konkreten Umstände des Einzelfalls als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hätten.

Die Höhe des Schadensersatzanspruches kann anhand der Angaben der Klägerinnen auf den geforderten Betrag geschätzt werden (§ 287 ZPO). Danach ist der GEMA-Tarif VR-W I, der für bis zu 10.000 Streams eine Mindestvergütung von 100,00 Euro vorsieht, als Ausgangspunkt für die Schätzung geeignet. Zum Einen ist die Anzahl der Downloads weder bekannt, noch sind die Filesharing-Programme auf eine Erfassung der Anzahl der Downloads angelegt. Zum Anderen führt der Umstand, dass sich die Abrufe zahlenmäßig im unteren Bereich halten, nicht zur Untauglichkeit des Tarifs als Schätzgrundlage, denn der Verletzer trägt das Risiko der wirtschaftlichen Verwertung einer Pauschallizenz (vgl. Dreier/Schulze, 3. Auflage 2008, § 97 UrhG Rn 62).

Da Streams im Gegensatz zu den vom Beklagten zu 2. ermöglichten Downloads nicht auf eine dauerhafte Speicherung ausgerichtet sind, ist zunächst ein Aufschlag von 50 Prozent gerechtfertigt. Die unkontrollierbare Zahl möglicher Tauschbörsenteilnehmer und Downloads und der Umstand, dass die Ermöglichung eines Downloads in einem Filesharingnetzwerk unmittelbar zu einer Vervielfältigung der Verbreitung führt, da die Filesharingprogramme in ihren Grundeinstellungen vorsehen, dass eine herunter geladene Dartei ihrerseits wieder zum Abruf bereitgehalten wird, lässt eine Verdoppelung dieses Betrages auf den Betrag von 300,00 Euro als angemessen erscheinen.

Der von dem Beklagten angeführte GEMA-Tarif VR-OD 5, der eine Vergütung von 15 Prozent des Endverkaufspreises pro Download von mindestens 0,1278 Euro vorsieht, erscheint vor dem Hintergrund der Gegebenheiten des Filesharing erheblich weniger geeignet; insbesondere ist er — ungeachtet des Umstandes, dass die Klägerinnen ohnehin keine Verwertungsgesellschaften sind — kein von seinem Gegenstand her unmittelbar auf den zu beurteilenden Sachverhalt anwendbarer Tarif. Bei einer nicht kommerziellen und überdies kostenlosen Abgabe fehlt es bereits am Parameter Endverkaufspreis. Auch die Mindestvergütung erscheint nicht angemessen, da nicht angenommen werden kann, dass eine kostenlose Abgabe zum Betrag der Mindestvergütung lizensiert würde, denn die Möglichkeit, eine Aufnahme geschenkt zu erhalten, beeinträchtigt den Absatz kostenpflichtiger Angebote erheblich und würde vernünftige Vertragsparteien daher veranlassen, für die kostenlose Abgabe einen deutlich höheren Lizenzbetrag zu vereinbaren.

2.

 Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten ist nicht begründet. Die Abmahnung der Klägerinnen genügte den an eine Abmahnung zu stellenden Mindestanforderungen nicht. Die Kammer folgt insoweit der vom zuständigen Senat des Oberlandesgerichts in einem anderen Verfahren geäußerten Auffassung. Der Senat hat dabei ausgeführt (Beschluss vom 14.11.2011, Az. 1-20 W 132/11):

 „Die Abmahnung der Klägerinnen genügte den an eine Abmahnung zu stellenden Mindestanforderungen nicht. Zur Abmahnung gehört, dass der Abmahnende seine Sachbefugnis darlegt, also kundtut, weshalb er sich für berechtigt hält, den zu beanstandenden Verstoß zu verfolgen (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 12 Rn. 1.13; Ahrens/Deutsch, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl. Kap. 1 Rn. 35). Die Abmahnung muss mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringen, welches konkrete Verhalten beanstandet wird. Auch wenn der Gläubiger Unterlassung nicht nur der konkreten Verletzungsform begehrt, muss er doch den Anlass der Beanstandung ganz konkret bezeichnen, damit der Schuldner weiß, was genau für den Gläubiger den Stein des Anstoßes bildet (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 12 Rn. 1.15; OLG Stuttgart, WRP 1996, 1229, 1230). Um ihren Zweck zu erfüllen, muss in der Abmahnung der Sachverhalt, der den Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens begründen soll, also die begangene Handlung, genau angegeben und der darin erblickte Verstoß so klar und eindeutig bezeichnet sein, dass der Abgemahnte die gebotenen Folgerungen ziehen kann (OLG Köln WRP 1988, 56; Ahrens/Deutsch, a.a.O. Rn. 45).

Vorliegend sind weder die Aktivlegitimation noch der Verstoß hinreichend dargelegt. Das Anbieten von 304 Audiodateien zum Herunterladen stellt alleine noch keinen Urheberrechtsverstoß da. Nicht jedes Angebot einer Audiodatei zum Herunterladen verletzt fremde Urheberrechte. Die Dateien können gemeinfrei oder mit einer allgemeinen Lizenz versehen sein. So ist es inzwischen nicht mehr ungewöhnlich, dass Interpreten ihre Stücke zur freien Verbreitung in das Internet einstellen. Zudem ist das Urheberrecht ein Ausschließlichkeitsrecht Es ist jedem Inhaber von Urheberrechten selbst überlassen, ob er seine Rechte im konkreten Fall ausübt oder ob den Verletzer gewähren lässt. Ein Dritter kann diese Rechte nicht geltend machen. Von daher verfängt auch das Argument, eine Berechtigung der Beklagten an den Titeln sei jedenfalls nicht ersichtlich, nicht. Entscheidend ist allein, ob und an welchen Titeln den Klägerinnen Rechte zustehen. Ohne die Angabe der Titel, durch deren Angebot die Rechte gerade der Klägerinnen verletzt worden sind, konnte die Beklagte der Abmahnung daher nicht entnehmen, welches Verhalten sie in Zukunft unterlassen soll. Zur generellen Unterlassung des Anbietens von Audiodateien zum Herunterladen ist sie eben nicht verpflichtet, sondern nur zur Unterlassung des Angebots der Titel der Klägerinnen. Der zur Unterlassung verpflichtende Verstoß war folglich nicht das Anbieten von 304 Audiodateien zum Herunterladen, sondern – die Aktivlegitimation der Klägerinnen unterstellt – das Angebot der vier im Klageantrag genannten Musiktitel der Klägerinnen. Dieser Verstoß hätte in der Abmahnung dargelegt werden müssen, wobei zum notwendigen Vertrag der Aktivlegitimation zumindest auch die Zuordnung der Titel zu einzelnen Klägerinnen gehört hätte.

Ohne eine solche Darlegung war der Beklagten die Abgabe einer wirksamen Unterlassungserklärung gar nicht möglich. Die Liste der zum Herunterladen angebotenen 304 Audiodateien besteht vorwiegend aus Stücken anderer Berechtigter und kann schon von daher nicht Gegenstand einer gegenüber den Klägerinnen erklärten Verpflichtung sein. Eine auf die darin enthaltenen Musiktitel der Klägerinnen oder gar – wie von ihnen in ihrer Abmahnung verlangt – auf ihr gesamtes Repertoire gerichtete Unterlassungserklärung konnten die Klägerinnen in Ermangelung einer Individualisierung dieser Stücke nicht verlangen. Es kann dahinstehen, ob die Verletzung der Rechte an einzelnen Musiktiteln einen Anspruch auf eine das ganze Repertoire der Gläubigerin umfassende Unterlassungsverpflichtung vermittelt. Die Klägerinnen selbst machen vorliegend mit ihrer Klage nur noch eine Unterlassungsverpflichtung bezüglich der vier nach ihrem Vortrag tatsächlich zum Herunterladen bereitgestellten Musiktitel geltend.

Eine auf das gesamte Repertoire erstreckte Unterlassungsverpflichtung setzt jedenfalls die Beifügung einer Repertoireauflistung voraus.

Ein entsprechender Unterlassungsantrag wäre ohne eine solche Repertoireliste nicht hinreichend bestimmt. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift einen bestimmten Antrag enthalten. Ein Verbotsantrag darf nicht derart undeutlich gefasst sein, dass sich der Beklagte nicht erschöpfend verteidigen kann und es in der Zwangsvollstreckung, wenn dem im Erkenntnisverfahren gestellten Antrag Rechnung getragen würde, die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre (BGH, GRUR 1998, 489, 491 – Unbestimmter Unterlassungsantrag III). Allein die Klarstellung, dass der Antrag, und die Verurteilung sich nur auf die zum Repertoire der Klägerinnen gehörenden Musiktitel bezieht, ermöglicht es dem mit einem Volistreckungsverfahren befassten Gericht nicht, im Falle eines Streits der Parteien zu beurteilen, ob es sich bei dem Musiktitel, wegen dessen Verbreitung durch die Beklagte die Klägerinnen die Verurteilung zu einem Ordnungsgeld begehren, um einen zum Repertoire der Klägerinnen gehörenden Musiktitel handelt (vgl. ,BGH, GRUR 2008, 357 Tz. 23 – Planfreigabesystem). Steht nicht eindeutig fest, welche Musiktitel im Einzelnen gemeint sind, ist der auf die Verpflichtung zur Unterlassung der Verbreitung gerichtete Antrag nur dann hinreichend bestimmt, wenn diese individualisierend beschrieben werden, was durch eine Bezugnahme auf einen Ausdruck oder einen Datenträger erfolgen kann (vgl. BGH, GRUR 2008, 357 Tz. 24 – Planfreigabesystem).

Der Gläubiger eines Unterlassungsanspruchs kann vom Schuldner als Unterlassungserklärung nicht mehr verlangen, als was er durch eine Titulierung erreichen könnte. Eine Unterlassungserklärung, die auf das gesamte, nicht durch eine beigefügte Liste konkretisierte Musikrepertoire des Gläubigers gerichtet ist, verlagert das Risiko, ob ein unbekanntes Musikstück zum Repertoire des Gläubigers gehört, vollständig auf den Schuldner und benachteiligt ihn daher gegenüber einer titulierten Unterlassungsverpflichtung unverhältnismäßig. Im Falle einer vom Gläubiger für eine Vielzahl von Fällen vorformulierten Unterlassungserklärung ist eine gleichwohl abgegebene Verpflichtung daher nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Vom Unterlassungsgläubiger vorformulierte Unterlassungs- und Vertragsstrafeverpflichtungserklärungen unterfallen den Regelungen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGH, NJW 1993, 721, 722).“

So liegt der Fall auch hier. Den Ausführungen des OLG steht nicht entgegen, dass die Beklagten vorliegend eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben. Diese Erklärung hat keine Folgen für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten. Sie beinhaltet insbesondere kein Anerkenntnis insoweit.

 Erstattung der Abmahnkosten kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes gefordert werden. Durch die Abmahnung sollen zukünftige Verletzungshandlungen verhindert werden (Ahrens/Scharen, Der Wettbewerbsprozess, 6. Aufl. 2010, Kap 11 Rn 13). Eine zurückliegende Verletzungshandlung mag Anlass für die Abmahnung sein; deren Kosten stellen indes — abgesehen von dem Fall einer zu unterbindenden Dauerhandlung, für die hier nichts vorgetragen ist — keinen zurechenbaren Schaden dar. Soweit die Klägerinnen unter Bezugnahme auf ihre gegen den vorzitierten Beschluss des OLG Düsseldorf eingereichte Gegenvorstellung vertreten, beim öffentlichen Zugänglichmachen handele es sich um eine Dauerhandlung, so gilt dies nicht ausnahmslos. Die konkrete Aussage, es liege eine Dauerhandlung vor, findet sich nur in einer der drei von den Klägerinnen zitierten Kommentarstellen (von Ungern-Sternberg in: Wandtke/Bullinger, 3. Auflage 2009, § 19a UrhG Rn 44). Der Aussagegehalt der Kommentarstellen geht dahin, dass für ein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne von § 19a UrhG weder ein konkreter Abruf erforderlich ist noch jeder Abruf für sich gesehen eine gesonderte Einzelhandlung des öffentlichen Zugänglichmachens darstellt. An dem Verständnis der Klägerinnen von einer Dauerhandlung ist lediglich richtig, dass eine solche zu bejahen ist, solange urheberrechtlich geschützte Musikwerke öffentlich zugänglich gemacht werden. Dass die Abmahnung vom 10.01.2008, die auf Vorgänge vom 06.11.2007 bezogen war, dem Zweck diente, eine noch laufende Dauerhandlung zu unterbinden, und dass diese Dauerhandlung tatsächlich im Zeitpunkt der Abmahnung noch vorlag, ist indes weder von den Klägerinnen vorgetragen noch im Ansatz in sonstiger Weise ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert:

 5.925,60 Euro, wovon auf den Beklagten zu 1. 2.925,60 Euro und auf den Beklagten zu 2. 5.925,60 Euro entfallen.

Unterschriften

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