OLG Saarbrücken Beschluß vom 23.1.2013, 6 UF 20/13

Leitsätze

1. Eine Umgangsregelung ohne Übernachtung hält sich jedenfalls solange noch im Rahmen des durch § 1684 Abs. 1 BGB dem Richter eröffneten Ausgestaltungsspielraums – und ist daher keine Umgangseinschränkung im Sinne des § 1684 Abs. 4 BGB -, wie dadurch nicht aufgrund großer Entfernung zwischen den Wohnorten des Umgangsberechtigten und des Kindes eine faktische Umgangseinschränkung entsteht. Allerdings bedarf der Ausschluss von Übernachtungen auch bei geringer Distanz dieser Wohnorte besonderer Rechtfertigung, weil Übernachtungen des Kindes beim umgangsberechtigten Elternteil in der Regel dem Kindeswohl entsprechen.

2. Das bloße Alter eines Kindes ist kein maßgebliches Kriterium, das für die Frage der Anordnung von Übernachtungskontakten herangezogen werden kann.

3 .Zu den Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung im Umgangsverfahren bei einem jeder Tatsachengrundlage entbehrenden Verdachtsvortrag eines Elternteils (hier: behaupteter Alkohol- und Drogenmissbrauch).

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – in Saarbrücken vom 15. Oktober 2012 – 129 F 79/11 UG – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Der Verfahrenswert der Beschwerdeinstanz wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

3. Der Antragsgegnerin wird die von ihr für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe verweigert.

Gründe

I.

Durch den angefochtenen Beschluss vom 15. Oktober 2012 hat das Familiengericht den Umgang des Antragstellers (im Folgenden: Vater) mit seinem am 29. August 2009 geborenen Sohn K. geregelt, für der er mit der Antragsgegnerin (Mutter) gemeinsam sorgeberechtigt ist. Das Familiengericht hat den Vater unter anderem berechtigt und verpflichtet, mit K. – in den Monaten Dezember 2012 bis Februar 2013 in dreiwöchigem Rhythmus, ab dem Wochenende vom 9./10. März 2013 in zweiwöchigem Rhythmus – von Samstagmorgen auf Sonntagnachmittag bzw. -abend einschließlich Übernachtung Umgang zu pflegen. Wegen der Einzelheiten der sehr detaillierten Umgangsregelung und der Feststellungen des Familiengerichts wird auf das angegangene Erkenntnis Bezug genommen.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Mutter nur gegen die angeordneten Übernachtungen K.s beim Vater. Sie sucht ferner um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nach. Der Vater bittet um Zurückweisung der Beschwerde. Der Verfahrensbeistand verteidigt den angegriffenen Beschluss. Das Jugendamt hat sich zweitinstanzlich nicht geäußert.

Dem Senat hat die Akte 129 F 31/12 SO des Amtsgerichts Saarbrücken vorgelegen. Das dort angeordnete schriftliche psychologische Sachverständigengutachten zur Frage der Aufrechterhaltung oder Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge der Eltern ist noch nicht erstellt.

II.

Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Mutter, durch die dem Senat der angefochtene Beschluss trotz des beschränkten Beschwerdeziels umfassend zur Überprüfung angefallen ist (dazu Senatsbeschluss vom 24. Januar 2011 – 6 UF 126/10 –, FamRZ 2011, 826; Völker/Clausius, Sorge- und Umgangsrecht in der Praxis, 5. Aufl., § 9, Rz. 5, jeweils m.w.N.), bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Umgangsrecht eines Elternteils steht ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG. Beide Rechtspositionen erwachsen aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Elternverantwortung und müssen von den Eltern im Verhältnis zueinander respektiert werden. Der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, muss demgemäß grundsätzlich den persönlichen Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil ermöglichen. Das Umgangsrecht ermöglicht dem umgangsberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Absprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen. Können sich die Eltern über die Ausübung des Umgangsrechts nicht einigen, haben die Gerichte eine Entscheidung zu treffen, die sowohl die beiderseitigen Grundrechtspositionen der Eltern als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger berücksichtigt. Die Gerichte müssen sich im Einzelfall um eine Konkordanz der verschiedenen Grundrechte bemühen (vgl. BVerfG FamRZ 2010, 1622; 2009, 399; Senatsbeschluss vom 12. Juli 2010 – 6 UF 32/10 –, MDR 2011, 106, m.w.N.).

Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben werden durch § 1684 Abs. 1 BGB konkretisiert, demzufolge das Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil hat und jeder Elternteil zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt ist. Im Rahmen einer gerichtlich festzulegenden Umgangsregelung ist nach § 1697a BGB diejenige Entscheidung zu treffen, die unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten sowie der berechtigten Interessen der Beteiligten dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Insoweit sind insbesondere die Belastbarkeit des Kindes, die bisherige Intensität seiner Beziehungen zum Umgangsberechtigten und seine Vertrautheit mit diesem, die räumliche Entfernung der Eltern voneinander, die Interessen und Bindungen von Kind und Eltern, das Verhältnis letzterer zueinander, die persönliche und berufliche Situation und Betreuungsmöglichkeit des Umgangsberechtigten, der Wille des Kindes, soweit er mit seinem Wohl vereinbar ist, sowie dessen Alter und altersbedingtes Zeitempfinden, Entwicklungs- und Gesundheitszustand in den Blick zu nehmen (vgl. Völker/Clausius, a.a.O., § 2, Rz. 50 m.w.N.).

In welchem Umfang vom Gericht zur Beurteilung des Kindeswohls Tatsachen zu ermitteln sind, bestimmt sich nach § 26 FamFG. Danach hat das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen und die geeignet erscheinenden Beweise zu erheben. Zwar muss das Gericht nicht jeder nur denkbaren Möglichkeit nachgehen und besteht insbesondere keine Pflicht zu einer Amtsermittlung „ins Blaue hinein“, weshalb bloße Verdachtsäußerungen, die jeglicher tatsächlichen Grundlage entbehren, keinen Ermittlungsanlass geben (dazu BGH FamRZ 2011, 1047). Eine Pflicht zu der Aufklärung dienlichen Ermittlungen besteht jedoch insoweit, als das Vorbringen der Beteiligten und der Sachverhalt als solcher bei sorgfältiger Prüfung hierzu Anlass geben. Die Ermittlungen sind erst dann abzuschließen, wenn von weiteren Ermittlungen ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist (BGH FamRZ 2010, 720), wobei in kindschaftsrechtlichen Familiensachen besondere Anforderungen an die tatrichterliche Sachaufklärung zu stellen sind (Senatsbeschluss vom 3. April 2012 – 10 UF 10/12 –, FamRZ 2013, 48). Der genaue Umfang der erforderlichen Ermittlungen richtet sich nach den im konkreten Einzelfall betroffenen Kindeswohlbelangen (BGH FamRZ 2011, 796; 2010, 1060, jeweils m. Anm. Völker).

Diesen verfassungs- und einfachrechtlichen Maßstäben hält die sorgfältig begründete Entscheidung des Familiengerichts ebenso stand wie die ihr zugrunde liegende, vom Familiengericht betriebene Sachverhaltsaufklärung.

Nachdem die Prüfung der Umgangsregelung durch den Senat, soweit diese von der Mutter nicht angegriffen ist, weder Rechtsfehler zum Nachteil der Mutter aufgedeckt hat noch insoweit aus Gründen des Kindeswohls eine abweichende Regelung veranlasst ist, bedürfen allein die gegen die vom Familiengericht angeordneten Übernachtungen gerichteten Beschwerdeangriffe der Mutter der Erörterung. Diese dringen nicht durch; die Übernachtungsregelung des Familiengerichts bringt die Grundrechte K.s und der Eltern vielmehr zu einem angemessenen Ausgleich.

Allerdings stimmt der – wenngleich von der Mutter nicht angegangene – rechtliche Ausgangspunkt des Familiengerichts, dass der Ausschluss von Übernachtungskontakten nur in Betracht komme, wenn die Voraussetzungen des § 1684 Abs. 4 S. 1 BGB vorlägen, die erforderten, dass dies aus triftigen, das Wohl des Kindes nachhaltig berührenden Gefährdungsgründen angezeigt wäre (so auch OLG Köln a.a.O. m.w.N.), nicht mit der höchstrichterlichen und Senatsrechtsprechung überein. Denn auch eine Umgangsregelung ohne Übernachtung hält sich jedenfalls solange noch im Rahmen des durch § 1684 Abs. 1 BGB dem Richter eröffneten Ausgestaltungsspielraums, wie dadurch nicht aufgrund großer Entfernung zwischen den Wohnorten des Umgangsberechtigten und des Kindes eine faktische Umgangseinschränkung entsteht (siehe explizit BVerfG FamRZ 2007, 105, dort Rz. 20 f.; vgl. auch Senatsbeschluss vom 6. September 2012 – 6 UF 33/12 –), obschon auch bei geringer Distanz dieser Wohnorte der Ausschluss von Übernachtungen besonderer Rechtfertigung bedarf, weil Übernachtungen des Kindes beim umgangsberechtigten Elternteil in der Regel dem Kindeswohl entsprechen (Senatsbeschluss a.a.O.; vgl. auch BVerfG FamRZ 2007, 105 und 1078; 2005, 871; KG FamRZ 2011, 825; OLG Zweibrücken FamRZ 2009, 134). Denn sie sind grundsätzlich geeignet, die Beziehung des Kindes zum umgangsberechtigten Elternteil zu festigen und dazu beizutragen, dass dieser vom Kind nicht ausschließlich als „Sonntagselternteil“ erlebt wird (Senatsbeschluss a.a.O.; Beschluss des 9. Zivilsenats des Saarländisches Oberlandesgerichts vom 22. Dezember 2008 – 9 UF 100/08 –).

Dies erfordert aber letztlich vorliegend keine abschließende Würdigung. Denn selbst wenn man – dann der allein Beschwerde führenden Mutter günstiger – annähme, dass der Ausschluss von Übernachtungen hier an § 1684 Abs. 1 BGB zu messen ist, begegneten die vom Familiengericht angeordneten Übernachtungsumgangskontakte keinerlei Bedenken. Ausreichende besondere Gründe für einen Ausschluss von Übernachtungen sind nicht festzustellen.

Vergebens beruft sich die Mutter auf ihren fortbestehenden Verdacht, der Vater konsumiere mit hoher Wahrscheinlichkeit „auch aktuell noch Alkohol und Betäubungsmittel und zwar Cannabisprodukte“. Sie hatte hierzu in der Antragserwiderung vorgetragen, der Vater habe seit Jahren massive Probleme mit Alkohol- und Drogenmissbrauch. Neben erheblichem Alkoholkonsum in Form von Wein und Sekt kiffe er drei- bis viermal täglich. Der Vater hat dies – abgesehen von einem jugendlichen Probieren von Cannabis vor 20 Jahren und einem Konsum von vielleicht ein bis zwei Gläsern Wein pro Woche – durchgehend bestritten. In der Nachfolge hat die Mutter nicht einen einzigen konkreten – der Widerlegung durch den Vater zugänglichen – Vorfall, bei dem Alkohol- oder Drogenkonsum des Vaters eine Rolle gespielt hätte, zu benennen gewusst, sei es in der Vergangenheit, sei es im Verlauf des nun bereits seit Oktober 2011 geführten Verfahrens. Auch die weiteren Verfahrensbeteiligten sowie das Jugendamt und die Umgangsbegleiterin H. haben den Verdacht der Mutter nicht bestätigen können. Der dessen unbeschadet vom Familiengericht schriftlich als sachverständige Zeuge vernommene, im Bereich von Abhängigkeitserkrankungen erfahrene Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie P. hat ebenfalls nach – im Einverständnis mit dem Vater durchgeführten – Blut- und Haaranalysen sowie zahlreichen persönlichen Begegnungen mit dem Vater keinerlei Anhaltspunkte für einen Alkohol- oder Drogenmissbrauch des Vaters festgestellt, der den sachverständigen Zeugen zuvor freiwillig von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbunden hatte.

In Ansehung dessen ist das Familiengericht dem jeder Tatsachengrundlage entbehrenden Verdachtsvortrag der Mutter in diese jedenfalls nicht benachteiligendem Umfang nachgegangen. Der Senat ist bereits der Auffassung, dass es in Anbetracht des nicht ansatzweise mit belastbaren Tatsachen unterlegten Vorbringens – auch unter Berücksichtigung der in Verfahren der vorliegenden Art verdichteten Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung – solch weitreichender Ermittlungen im vorliegenden Fall nicht bedurft hätte, zumal aktenersichtlich bei keinem einzigen Umgangskontakt zwischen dem Vater und K. alkohol- oder drogenbedingte Auffälligkeiten zu verzeichnen gewesen sind. Soweit die Mutter sich auf eine Entscheidung des Amtsgerichts Ansbach (FamRZ 2011, 1802) beruft, ist der dortige Sachverhalt bereits auf den ersten Blick mit dem vorliegenden nicht einmal in Grundzügen vergleichbar; denn dort hatte der unbegleiteten Umgang beantragende Vater eingeräumt, in der Vergangenheit über einen längeren Zeitraum hinweg Cannabis konsumiert zu haben, und im Umgangsverfahren aus nicht nachvollziehbaren Gründen die Durchführung eines Drogentests verweigert. Bei dem allem ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Mutter im Beschwerdeverfahren ausdrücklich nur noch gegen die dem Vater gewährten Übernachtungen des Kindes bei ihm wendet. Dies stimmt – ohne dass es darauf entscheidend ankäme – in Bezug auf den von ihr geäußerten Verdacht nachdenklich; denn die Annahme der Mutter einmal als richtig unterstellt, wäre ein übermäßiger Alkohol- oder Drogenkonsums des Vaters auch tagsüber ein erhebliches Problem.

Davon unabhängig – und selbständig die Verwerfung des von der Mutter ins Feld geführten Arguments eines übermäßigen Alkohol- oder eines Drogenkonsums des Vaters tragend – greifen die von der Mutter vorgetragenen Bedenken gegen die Erhebungen und Bekundungen des Zeugen P. nicht durch. Der Senat tritt insoweit der zutreffenden Begründung der angegangenen Entscheidung bei, die durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet werden. Insbesondere hat das Familiengericht zu Recht angenommen, dass eine komplette sachverständige Begutachtung des Vaters auf eine Alkohol- und/oder Drogenabhängigkeit ohne jeden verifizierbaren Anhaltspunkt für deren Vorliegen – offensichtlich – unverhältnismäßig wäre (dazu auch – bereits vom Familiengericht zutreffend zitiert – OLG Köln, Beschluss vom 12. März 2012 – 4 UF 235/11 –, juris m.w.N.).

Vergebens wendet die Mutter ein, K. habe noch nie auswärts übernachtet. Ungeachtet der Tatsache, dass der Vater in der Beschwerdeerwiderung – von der Mutter in der Nachfolge unwidersprochen – vorgetragen hat, K. habe in der Vergangenheit bereits gelegentlich bei den Großeltern mütterlicher- wie väterlicherseits übernachtet, ist K. fast dreieinhalb Jahre alt, so dass es in seinem Interesse liegt, Übernachtungen – jedenfalls bei anderen Bezugspersonen – zu erleben. Die Wohnung des Vaters ist K. vertraut. Er besucht den Kindergarten und ist daher auch längere Abwesenheiten der Mutter schon gewöhnt, ohne dass es dann noch darauf ankommt, dass der Verfahrensbeistand zweitinstanzlich berichtet hat, die Eltern hätten beide erklärt, K. sei weder ein besonders ängstliches, noch unsicher gebundenes, noch sehr zurückhaltendes Kind. Der Vater ist mitsorgeberechtigt, was ergänzend für längere, zusammenhängende Aufenthalte K.s bei ihm spricht, damit der Vater auch selbst – freilich im durch § 1687 Abs. 1 S. 5 i.V.m. 1684 Abs. 2 S. 1 BGB beschriebenen Rahmen – erzieherisch Einfluss auf K. nehmen kann. Möglichen Eingewöhnungsproblemen K.s hat das Familiengericht Rechnung getragen, indem es seine Umgangsregelung angemessen gestaffelt hat. Die von der Mutter zitierte Entscheidung des OLG Brandenburg vom 8. August (richtig:) 2001 – 9 UF 28/01 –, juris, betrifft einen besonders gelagerten Einzelfall, mit dem die vorliegende Fallgestaltung nicht vergleichbar ist. In jüngerer Zeit wird in der Rechtsprechung – auch vor dem Hintergrund der zitierten Judikate des Bundesverfassungsgerichts (siehe insbesondere BVerfG FamRZ 2007, 1078) – eine generelle Altersgrenze für Übernachtungen in der Rechtsprechung soweit ersichtlich nicht mehr vertreten. Das bloße Alter eines Kindes ist kein maßgebliches Kriterium, das für die Frage der Anordnung von Übernachtungskontakten herangezogen werden (OLG Zweibrücken, FamRZ 2009, 134; OLG Nürnberg, FamRZ 2010, 741; OLG Brandenburg, FamRZ 2010, 1352; Palandt/Diederichsen, BGB, 71. Aufl., § 1684, Rz. 22; Völker/Clausius, a.a.O., § 2, Rz. 56 f., jeweils m.w.N.). Es dient zudem grundsätzlich nicht dem Entwicklungsprozess von Kindern, sie unter eine „Schutzglocke“ zu legen und ihnen damit alle familiären Auseinandersetzungen ersparen zu wollen. Auch Kinder müssen lernen, durch neue Strukturen, durch Veränderungen vielfältiger Art belastet zu werden, aus deren Wirklichkeit sie neue Kräfte beziehen. Kinder werden nicht dadurch „lebenstüchtig“, dass sie in überbehüteter und einseitig auf die Vorstellungen eines Elternteils ausgerichteter Weise „erzogen“ werden, sondern auch darin, dass ihnen die Realität – hier in Gestalt eines mitsorgeberechtigten und zu ausgiebigem Umgang berechtigten Vaters – angemessen deutlich wird (OLG Karlsruhe, FamRZ 1990, 901; Völker/Clausius, a.a.O., § 2, Rz. 6). Diesem Ziel dient zur Überzeugung des Senats die ausgewogene Übernachtungsregelung des Familiengerichts.

Soweit die Mutter vorbringt, der Vater schüre die Konfliktsituation K.s, indem er ihm „Geheimnisse“ anvertraue, die nicht zur Weitergabe an die Mutter bestimmt seien, ist dieser Vortrag bereits mangels näherer Darstellung nicht prüfbar, zumal solche Verhaltensweisen – einmal unterstellt – bei Umgangskontakten ohne Übernachtung ebenso gut an den Tag gelegt werden können.

Der Einwand der Mutter, K. werde in der Besuchszeit statt vom Vater von dessen Eltern betreut, ist schon im Tatsächlichen nicht belastbar, nachdem der Vater im Sorgerechtsverfahren 129 F 31/12 SO im Anhörungstermin vom 23. April 2012 bekundet hat, er sei mit K. nur bei etwa jedem dritten Umgangskontakt bei seiner Mutter und auch dann übe er den Umgang immer persönlich aus. Hinzu kommt, dass grundsätzlich der Umgangsberechtigte während des Umgangs den Aufenthaltsort des Kindes bestimmt (dazu Völker/Clausius, a.a.O., § 2, Rz. 65 m.w.N.), was bei gemeinsam sorgeberechtigten – und damit umgangsbestimmungsberechtigten (§ 1632 Abs. 2 BGB) – Elternteilen durch § 1687 Abs. 1 S. 4 BGB gestützt wird.

Nach alledem bewendet es bei dem angefochtenen Beschluss.

Der Senat hat nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG von der Wiederholung der bereits vom Familiengericht verfahrensfehlerfrei durchgeführten Verfahrenshandlungen abgesehen, weil von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen entscheidungserheblichen (§ 26 FamFG) Erkenntnisse zu erwarten sind, zumal die anwaltlich vertretene Mutter keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen hat, die für die Sachdienlichkeit – von ihr auch nicht angeregter – erneuter Anhörung sprechen, und auch eine Einigung der Beteiligten nicht zu erwarten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG; ein Grund dafür, die Mutter von den ihm regelmäßig aufzuerlegenden Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu entlasten, ist nicht ersichtlich.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes folgt aus §§ 40 Abs. 1, 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG.

Der Mutter ist die für das Beschwerdeverfahren nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde zu versagen (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 S. 1 ZPO).

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 70 FamFG).

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