Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 05.07.2016 – 10 WF 123/16

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – R vom 17. Mai 2016 abgeändert.
Die Kosten des Verfahrens in der ersten Instanz werden zwischen den Kindeseltern gegeneinander aufgehoben.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Kindesmutter nach einem Verfahrenswert von bis zu 600 € auferlegt.

Tatbestand

Die Kindeseltern streiten um die Kostenverteilung im Rahmen eines Umgangsverfahrens.

Die Kindeseltern sind und waren nicht miteinander verheiratet. Sie haben für die gemeinsamen Kinder L., und C. das gemeinsame Sorgerecht inne.

Am 24. März 2005 haben die Kindeseltern vor dem Amtsgericht – Familiengericht – R. zum Az. … einen Umgangsvergleich geschlossen.

Der Kindesvater hat die Abänderung dieses Umgangsvergleichs beim Familiengericht beantragt, ohne vorher mit der Kindesmutter hinsichtlich der Abänderung Kontakt aufzunehmen. Die Kindesmutter hat zunächst beantragt, den Abänderungsantrag zurückzuweisen. Im Anhörungstermin vom 5. April 2016 haben die Kindeseltern im Wege des Vergleiches eine Abänderung des ursprünglichen Umgangsvergleichs vereinbart.

Das Familiengericht hat dem Kindesvater die gesamten Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass den Kindesvater ein grobes Verschulden im Sinne des § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG träfe, da er nicht vor Einleitung des Abänderungsverfahrens den Versuch einer außergerichtlichen Einigung mit der Kindesmutter unternommen habe.

Der Kindesvater wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Familiengerichts. Die Kindesmutter verteidigt die Kostenentscheidung.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die nach den §§ 58 ff. FamFG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde des Kindesvaters gegen den Kostenbeschluss des Familiengerichts hat in der Sache Erfolg.

1.
Die vom Familiengericht getroffene Ermessensentscheidung ist vom Senat nur auf Ermessensfehler hin zu überprüfen (OLG Celle NZFam 2014, 916 ff.; OLG Bremen, Beschluss vom 8.1.2016 – 5 UF 117/15 -, juris; BGH NJW-RR 2007, 1586 Rn. 15; OLG Hamm MDR 2013, 469; Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 81 Rn. 81). Nach Auffassung des Senats ist die Kostenentscheidung des Familiengerichts ermessensfehlerhaft, da diese auf einer rechtsfehlerhaften Auslegung der Vorschrift des § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG beruht.

Nach § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG soll das Gericht die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn dieser durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat. Grobes Verschulden verlangt dabei Vorsatz oder eine Außerachtlassung der nach den Umständen erforderlichen Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße unter Nichtbeachtung dessen, was jedem einleuchten muss (Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 81 Rn. 53).

2.
Ein solches grobes Verschulden lässt sich entgegen der Auffassung des Familiengerichts auf Seiten des Kindesvaters nicht feststellen.

Der Kindesvater hat mit seinem Antrag auf Abänderung des Umgangsvergleichs ein grundsätzlich berechtigtes und nachvollziehbares Interesse verfolgt. Zwar ist der Versuch einer außergerichtlichen Verständigung wünschenswert. Der Umstand, dass der Kindesvater nicht vorher den Weg einer außergerichtlichen Verständigung mit der Kindesmutter gewählt hat, stellt hier aber jedenfalls kein grobes Verschulden im Sinne des § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG dar.

Ausweislich der Verfahrensakte besteht zwischen den Kindeseltern eine hochkonflikthafte Beziehung. Außergerichtliche Einigungsversuche hätten wenig Aussicht auf Erfolg gehabt. Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass die Kindeseltern derzeit Gespräche beim Jugendamt führen. Bei einer intakten Kommunikations- und Kooperationsstruktur zwischen den Kindeseltern wären solche nicht notwendig. Auch im Übrigen scheint die Kommunikation derzeit im Wesentlichen nur über die Verfahrensbevollmächtigten zu erfolgen. Dass diese schwierige Elternkommunikation eindeutig nur einem der Kindeseltern anzulasten wäre, vermag der Senat aus der Akte nicht zu entnehmen.

Im Übrigen spricht auch der Umstand, dass die Kindesmutter im Schriftsatz vom 10. März 2016 beantragt hat, den Antrag des Kindesvaters auf Abänderung des Umgangsvergleichs zurückzuweisen, gegen eine Erfolgswahrscheinlichkeit außergerichtlicher Einigungsbemühungen. Im Übrigen wäre zu bedenken, dass für den Fall einer außergerichtlichen Einigung zwischen den Kindeseltern der Kindesvater damit keinen Vollstreckungstitel im Sinne der §§ 86 Abs. 1 Nr. 2,  89 FamFG (mehr) zur Verfügung hätte.

Im Ergebnis sind für den Senat keine Umstände ersichtlich, die es im Rahmen der Billigkeitsabwägung gerechtfertigt erscheinen lassen, von der regelmäßig geboten Kostenaufhebung in Kindschaftsverfahren (vgl. Zöller/Feskorn, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 81 FamFG Rn. 6) abzuweichen.

Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten für das Beschwerdeverfahren auf § 81 Abs. 1 FamFG, wobei das vollständige Unterliegen in der Sache unter Billigkeitsgesichtspunkten die Kostenauferlegung auf die Kindesmutter gebietet.

Schreibe einen Kommentar