OLG Schleswig, Beschluss vom 22. September 2015 – 10 UF 105/15

Tenor

1.Auf die Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Lübeck vom 8. Mai 2015 (125 F 45/15) aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens – an das Amtsgericht – Familiengericht – Lübeck zurückverwiesen.2.Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.3.Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Frau K. und Herr H. sind die Eltern der beteiligten minderjährigen Kinder. Die Kindeseltern waren verheiratet, sie trennten sich Ende September 2007. Die Kinder leben seit der Zeit bei der Kindesmutter. Die Ehe der Kindeseltern wurde am 3.2.2010 rechtskräftig geschieden.

Die Eltern lebten zunächst getrennt in B. Vor dem Amtsgericht – Familiengericht – in B. kam es zu verschiedenen Verfahren, unter anderem einem Gewaltschutzverfahren (AG Bremen, …) und zwei Umgangsverfahren. Das Umgangsverfahren zum Aktenzeichen endete am 14.2.2008 mit einer Umgangsvereinbarung. Ein weiteres Verfahren zum Aktenzeichen … AG B. wurde durch Antrag der Kindesmutter vom 10. Januar 2011 eingeleitet. Darin beantragte die Kindesmutter, den Umgang des Kindesvaters mit den Kindern unbefristet auszusetzen. In diesem Verfahren wurde ein Verfahrensbeistand bestellt. Außerdem wurde ein Gutachten eingeholt. Die bestellte Gutachterin, Frau Diplom-Psychologin A., legte unter dem 12.7.2011 ihr Gutachten vor. Nach Vorlage eines Gutachtens wurde in einer mündlichen Verhandlung vom 13.6.2012 erörtert, dass der Kindesvater „gewisse Voraussetzungen“ erfüllen müsse, bevor ein begleiteter Umgang umgesetzt werden könne. Dazu gehörten ein Anti-Aggressions-Training sowie eine Verbesserung seiner Deutschkenntnisse.

In der Folgezeit absolvierte der Kindesvater ein Anti-Aggressionstraining und die Beteiligten des damaligen Verfahrens kamen überein, dass ein begleiteter Umgang stattfinden könne. Die Kindesmutter war zwischenzeitlich mit den Kindern nach L. verzogen. Es bestand deswegen Einigkeit, dass der begleitete Umgang in L. über den freien Träger „S. e.V.“ durchgeführt werden sollte. Mit Beschluss des Amtsgerichts B. vom 6.2.2013 wurde sodann angeordnet:

„1. Der Kindesvater sieht die gemeinsamen Kinder der Beteiligten im Rahmen eines begleiteten Umgangs einmal im Monat für jeweils zwei Stunden.

2. Der begleitete Umgang wird vom Träger „S. e.V.“, W.straße …, in L. durchgeführt. Die konkreten Umgangskontakte werden in eigener Verantwortung des Trägers mit den Kindeseltern abgesprochen und umgesetzt.

(…).“

Unter dem 22.7.2013 berichtete der freie Träger „S. e.V.“, durch seine Mitarbeiterin M., über den begleiteten Umgang. Im Ergebnis wurde darin ein unbegleiteter Umgang des Kindesvaters mit seinen Kindern sowie dessen langsame Ausweitung zum Herbst 2013 befürwortet.

In der Folgezeit kam es zu unbegleiteten Umgängen. Die Kinder haben den Kindesvater in Bremen besucht. Dies geschah auch während der Schulferien 2014 in der Zeit vom 18.4. bis 2.5.2014 sowie vom 25.7. bis 22.8.2014.

Unter dem 9.2.2015 leitete die Kindesmutter das vorliegende Umgangsverfahren ein.

Sie trägt vor,

dass während des Aufenthaltes der Kinder beim Kindesvater im April/Mai 2014 der Kindesvater den Kindern verboten habe, die Kindesmutter anzurufen. Gleichzeitig habe er ihnen erzählt, dass die Kindesmutter eine Schlampe sei. Dies habe die Kinder zutiefst verwirrt und den Wunsch bei den Kindern hervorgerufen, den Umgangskontakt vorzeitig zu beenden. Dies habe der Kindesvater aber verboten.

Während des Umgangskontaktes in den Sommerferien sei es zu mehreren erheblichen gewaltsamen Übergriffen des Kindesvaters gegenüber den Töchtern M. und L. gekommen. Dies sei aus nichtigem Anlass erfolgt. Der Kindesvater habe die Kinder angeschrien und M. anschließend geschlagen, wobei das Kind erhebliche Schmerzen erlitten habe. Beim gemeinsamen Fernsehen habe der Kindesvater M. geschlagen und anschließend im Beisein ihrer Geschwister eine halbe Stunde in die Ecke gestellt. Danach habe er M. ins Schlafzimmer geschleift, sie aufs Bett geworfen, ihr auf den Rücken geschlagen und ihr ins Gesicht gespuckt.

Auch L. sei bei den Umgangskontakten von dem Kindesvater geschlagen worden. Er habe sie so fest auf den Po geschlagen, dass noch längere Zeit ein roter Abdruck zu sehen gewesen sei. Anschließend habe der Kindesvater den Kindern verboten, hiervon etwas zu erzählen.

Diese Vorfälle steckten den Kindern noch in den Knochen, sie seien nicht bereit, weitere Umgänge mit dem Kindesvater durchzuführen. Die Kinder kämen zur Ruhe, wenn kein Umgang mehr durchgeführt werde. Deswegen sei ein Umgangsausschluss notwendig.

Die Kindesmutter hat beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts B. vom 6.2.2013 den Umgang des Kindesvaters mit seinen Kindern auszusetzen.

Der Kindesvater hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Der Kindesvater trägt vor,

dass er die Kinder nicht bespuckt habe.

Es sei allerdings früher durchaus mal so gewesen, dass er selbst als Kind auch in die Ecke gestellt worden sei. Das sei aber von seinem Vater nicht böse gemeint gewesen. Geschlagen habe er M. allenfalls mit einem „Klaps auf den Po“. Er habe nicht vorgehabt, ihr in irgendeiner Form weh zutun. M. sei bei einem Streit mit einem anderen Kind damals einfach nicht ruhig gewesen, obwohl er sie mehrfach dazu aufgefordert habe. Aus seiner Sicht seien die Kinder nach den Umgängen in keiner Weise in irgendeiner Form verändert gewesen. Sie hätten gut mit sich und mit anderen gespielt. Er habe ihnen auch nicht verboten, mit der Kindesmutter zu reden. Diese habe vielmehr sehr häufig Kontakt auch über Skype gehabt.

Der Kindesvater hat angegeben, die Kinder nicht zum Umgang zwingen zu wollen. Nach seiner Ansicht müsse durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden, warum die Kinder keinen Umgang wollen.

Der in diesem Verfahren eingesetzte Verfahrensbeistand hat schriftlich unter dem 5.3.2015 berichtet. Frau B. hat mitgeteilt, dass die Kinder ihr gegenüber sehr deutlich mitgeteilt hätten, dass sie keinen Kontakt zum Vater haben wollten. Der Verfahrensbeistand hat derzeit einen Umgangsausschluss für erforderlich gehalten.

Das Jugendamt hat aufgrund der Belastung der Kinder wegen der Vorkommnisse bei den Umgängen 2014 ebenfalls einen Umgangsausschluss für erforderlich gehalten.

Die Situation ist ausführlich mit den Beteiligten durch das Amtsgericht – Familiengericht – am 19.3.2015 erörtert worden. Am 23.3.2015 sind die Kinder persönlich angehört worden. Der Vermerk über die Anhörung ist den Beteiligten zur Kenntnis mit Gelegenheit zur Stellungnahme übersandt worden.

Das Familiengericht hat sodann durch Beschluss vom 8. Mai 2015 den persönlichen Umgang des Kindesvaters mit den Kindern bis zum 31. September 2016 ausgeschlossen.

Der Kindesvater wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Familiengerichts. Er hält zur hinreichenden Aufklärung des Sachverhalts die Einholung eines Sachverständigengutachtens für erforderlich.

Er beantragt,

das Verfahren an das Familiengericht Lübeck zurückzuverweisen.

Das Jugendamt wendet sich gegen die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Den übrigen Verfahrensbeteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, den Beschluss des Familiengerichts aufzuheben und das Verfahren an das Familiengericht zurückzuverweisen. Der Senat hat angekündigt, ohne erneute persönliche Anhörung der Verfahrensbeteiligten zu entscheiden.

II.

Die nach den §§ 58 ff. FamFG zulässige und im Übrigen statthafte Beschwerde des Kindesvaters hat in der Sache vorläufigen Erfolg und führt unter – vom Kindesvater beantragten – Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Familiengericht. Denn das Verfahren des Familiengerichts leidet an einem wesentlichen Mangel und bei einer Entscheidung des Senats wären aufwendige Ermittlungen in Form der Einholung eines Sachverständigengutachten und der erneuten persönlichen Anhörung der vier Kinder notwendig (§ 69 Abs. 1 S. 3 FamFG).

1.

Das Familiengericht hat verfahrensfehlerhaft seiner Pflicht, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 26 FamFG), nicht ausreichend genügt. Insbesondere ist der Senat der Auffassung, dass zur Entscheidung des Verfahrens die Einholung eines aktuellen kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens erforderlich ist. Das mehr als vier Jahre alte im Verfahren vor dem Amtsgericht – Familiengericht – Bremen eingeholte Gutachten genügt den Anforderungen an den notwendigen amtswegigen Ermittlungen aufgrund des Zeitablaufs und den inzwischen eingetretenen Veränderungen nicht. So haben inzwischen begleitete wie auch unbegleitete Umgangskontakte stattgefunden. Im Übrigen stützt das Familiengericht seine Entscheidung maßgeblich auf einen aktuellen ablehnenden Willen der Kinder. Hierzu kann ein vier Jahre altes Gutachten keine Aussage treffen.

Der Umfang der vom Familiengericht zu fordernden Ermittlungen richtet sich wesentlich nach den materiell-rechtlichen Anforderungen der zu treffenden Entscheidung und ist anhand des konkreten Einzelfalls zu beurteilen. Deshalb muss das Gericht insbesondere die zur Verfügung stehenden Aufklärungs- und Prüfungsmöglichkeiten hinsichtlich entscheidungserheblicher Tatsachen ausschöpfen und sein Verfahren so gestalten, dass es möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen kann (vgl. zum Ganzen BVerfG FamRZ 2010, 1622; 2009, 291, 399 und 1897; 2007, 105; BGH FF 2012, 67 m. Anm. Völker; BGH FamRZ 2010, 720).

2.

Das Familiengericht hat in seiner Entscheidung den Umgang des Kindesvaters bis zum 31. September 2016 ausgesetzt und ihm darüber hinaus untersagt, direkten persönlichen Kontakt oder Kontakte über Telefon/Internet aufzunehmen. Hierbei handelt es sich um einen Ausschluss des Umgangs für längere Zeit, der sich nach § 1684 Abs. 4 S. 2 BGB richtet. Eine solche Einschränkung ist nur gestattet, wenn andernfalls das Wohl des Kindes konkret gefährdet wäre (BVerfG FamRZ 2010, 1622; BVerfG 2009, 399; Palandt/Götz, BGB, 74. Auflage 2015, 1684 Rn. 24; OLG Brandenburg ZKJ 2012, 356; OLG Oldenburg FamRZ 2005, 925). Umgangseinschränkungen müssen sich dabei in der besonderer Weise am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz messen lassen (BVerfG FamRZ 2009, 399). Vor einem vollständigen Ausschluss des Umgangsrechts sind mildere Maßnahmen wie z. B. der begleitete Umgang, Auflagen und zeitliche Einschränkungen des Umgangs zu prüfen (Bundesverfassungsgericht, FamRZ 2008, 856; Staudinger/Rauscher, BGB – Neubearbeitung 2014, 1684 Rn. 272 ff.).

Soweit das Familiengericht hier zur Begründung seiner Entscheidung über den Ausschluss des Umgangs unter anderem auf die in Rede stehenden Misshandlungen der Kinder abstellt, sind dies Gründe, die grundsätzlich geeignet sind, eine erhebliche Einschränkung oder sogar einen Ausschluss des Umgangs zu rechtfertigen (vgl. Johansen/Henrich, Familienrecht, 6. Auflage 2015, 1684 Rn. 36).

Nicht ausreichend sind allerdings die Ausführungen und die Feststellungen des Familiengerichts zu der Frage, ob auch die Durchführung von begleiteten Umgangskontakten das Wohl der Kinder gefährdet. Denn die unmittelbaren Gefährdungen der Kinder durch körperliche Übergriffe oder die verbale Herabsetzung der Kindesmutter können durch die Durchführung von begleiteten Umgangskontakten abgewendet werden.

3.

Zwar ist ein wesentlicher Aspekt bei der Prüfung des Kindeswohls, § 1697 a BGB, der Kindeswille (vgl. zuletzt Bundesverfassungsgericht, FamRZ 2015, 1093). Der Wille des Kindes ist Ausdruck seiner Selbstbestimmung und ein Bindungsindiz, wobei die Bindung und der tatsächlich geäußerte Wille nicht übereinstimmen müssen (Staudinger/Rauscher, BGB, Neubearbeitung 2014, 1684 Rn. 286). Das Persönlichkeitsrecht des Kindes erfordert es, seine Wünsche und Interessen bei der Umgangsregelung zu berücksichtigen; wobei mit zunehmendem Alter dem geäußerten Willen des Kindes immer stärkere Bedeutung zukommt (Bundesverfassungsgericht, FamRZ 2015, 1093; vgl. Johansen/Henrich, Familienrecht, 6. Auflage 2015, § 1684 Rn. 39). Ab einem Alter von ca. 11-13 Jahren dürfte die Anordnung eines Umgangs gegen einen gefestigten Willen des Kindes nicht mehr in Betracht kommen (Staudinger Rauscher, a.a.O. Rn. 295). Allerdings kommt dem Willen des Kindes kein absoluter Vorrang zu. Vielmehr ist er gegen die Interessen des Umgangsberechtigten abzuwägen.

Wenn und soweit – wie hier – die Kinder verbal den Umgang ablehnen, ist das Familiengericht verpflichtet, nähere Feststellungen zu den Gründen für die Ablehnung und insbesondere zur Qualität des Kindeswillens zu treffen. Ein Kindeswille ist dabei grundsätzlich beachtlich, wenn er autonom, intensiv, stabil und zielorientiert ist (Kammergericht, FamRZ 2013, 709). Wenn der Kindeswille eine derartige Qualität hat, ist ein Übergehen des Kindeswillens in aller Regel kindeswohlgefährdend, da dieses Übergehen zu einem Verlust von Selbstwirksamkeitsüberzeugung des Kindes führen würde (vgl. BVerfG FamRZ 2015, 1093 Rn. 21). Dieser Fall ist von dem zu unterscheiden, bei dem das Kind zwar eine erhebliche Ablehnungshaltung hat, dieser ablehnende Wille aber durch die vom betreuenden Kindeselternteil grundsätzlich zu fordernde erzieherische Einwirkung ohne Kindeswohlgefährdung überwunden werden kann (vgl. Burschel, NZFam 2015, 623; vgl. Staudinger/Rauscher, BGB, Neubearbeitung 2014, 1684 Rn. 295).

4.

Die bisherigen Feststellungen des Familiengerichts tragen lediglich die Entscheidung über den Ausschluss von unbegleiteten Umgangskontakten.

Für einen Ausschluss von begleiteten Umgangskontakten reichen die bisherigen Feststellungen nicht aus. Zwar ist auch in den Fällen des Umgangsausschlusses nicht zwingend die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens geboten (vgl. OLG Bremen, NJW 2013, 2603 ff.: Entgegenstehende Wille eines 13 und 15-jährigen Kindes; vgl. auch OLG Saarbrücken, NZFam 2015, 44: 11-jähriges Kind). Insbesondere bei älteren Kindern (ab ca. 11 – 13 Jahren; vgl. Johansen/Henrich, Familienrecht, 6. Auflage 2015, 1684 Rn. 39, 41), die in einem stärkeren Maß als jüngere Kinder zu einer autonomen unbeeinflussten Willensbildung in der Lage sind, dürfte häufig ein Sachverständigengutachten entbehrlich sein und eine aussagekräftige Kindesanhörung genügen. Dafür spricht insbesondere der Umstand, dass die vom betreuenden Elternteil zu fordernde erzieherische Einwirkung bei einem verfestigten Kindeswillen in diesem Alter regelmäßig nicht mehr zum Erfolg führen dürfte (vgl. Johansen/Henrich, Familienrecht, 6. Auflage 2015, 1684 Rn. 39, 41).

Bei einer von jüngeren Kindern geäußerten Ablehnung des Umgangs dürfte hingegen zur Feststellung der Voraussetzungen für einen vollständigen Umgangsausschluss häufig ein kinderpsychologisches Sachverständigengutachten erforderlich sein (vgl. Johansen/Henrich, Familienrecht, 6. Auflage 2015, 1684 Rn. 41; vgl. Staudinger/Rauscher, BGB, Neubearbeitung 2014, 1684 Rn. 410; vgl. BGH FamRZ 2010, 1060 Rn. 34).

So liegt der Fall nach Auffassung des Senats hier.

Das älteste Kind M. ist 11 Jahre alt, das Kind Le. wird 6 Jahre, das Kind O. 8 und das Kind L. 10 Jahre. Jedenfalls bei den Kindern Le. und O. kann nicht ohne weiteres von einem verfestigten Kindeswillen und der Erfolglosigkeit von erzieherischen Einwirkungen auf das Kind zur Wahrnehmung von Umgangskontakten ausgegangen werden.

Die bisherigen Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts hält der Senat im vorliegenden Fall nicht für geeignet, um die rechtlichen Voraussetzungen für den Ausschluss auch von begleiteten Umgangskontakten hinreichend zu klären.

Die Gestaltung der Kindesanhörung durch das Familiengericht trägt dem Erfordernis einer möglichst aussagekräftigen Ermittlung des Kindeswillens nicht hinreichend Rechnung. Aufgrund des verschiedenen Alters/Entwicklungsstandes der Kinder und ihrer ggf. unterschiedlichen Wahrnehmung und Verarbeitung der verfahrensgegenständlichen Vorgänge erscheint es nicht sachgerecht, alle vier Kinder zusammen persönlich anzuhören. Insbesondere ergibt sich dann nach Erfahrung des Senats, dass je nach Persönlichkeitsstruktur der einzelnen Kinder ein Teil der Kinder sich den Äußerungen von Geschwisterkindern ohne weiteres anschließen. Der autonome Wille der einzelnen Kinder wird dann nicht hinreichend deutlich. Dieser Umstand ist auch von der Verfahrensbeiständin in ihrer Stellungnahme vom 5. März 2015 thematisiert worden. Dort heißt es u.a.: „Wobei sich Le. an den Äußerungen der älteren Geschwister orientiert, da sie sich nicht erinnert, wann sie den Vater zuletzt gesehen hat und wie der Kontakt war“. Dieser Umstand spricht bei dem Kind Le. eher gegen einen autonomen gefestigten Willen. Bei ihrer Ablehnung dürfte eher eine etwaige Beeinflussung durch die Geschwisterkinder im Vordergrund stehen.

Auch der Umstand, dass im Jahre 2013/14 begleitete Umgangskontakte und danach sogar unbegleitete Umgangskontakte durchgeführt wurden, die zum Teil auf den Wunsch der Kinder zurückgingen, spricht gegen eine stark verfestigte Ablehnungshaltung der Kinder.

5.

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

Das Familiengericht wird zunächst ein kinderpsychologisches Sachverständigengutachten dahingehend einzuholen haben, ob Umgangskontakte und insbesondere auch begleitete Umgangskontakte das Wohl der Kinder konkret und erheblich gefährden. Im Rahmen dieses Sachverständigengutachtens sollte insbesondere auf die Qualität des jeweiligen Kindeswillens eingegangen werden und auf die Frage, ob durch die von der Kindesmutter grundsätzlich zu fordernden erzieherischen Einwirkungen begleitete Umgangskontakte ohne Kindeswohlgefährdung durchgeführt werden können.

Weiterhin ist zu prüfen, ob im Rahmen der zu treffenden Entscheidung des Familiengerichts der Maßstab für eine Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – Bremen aus § 1696 Abs. 2 BGB zu entnehmen ist. In diesem Beschluss sind begleitete Umgangskontakte angeordnet. Zwar steht es den Eltern frei – wie hier geschehen – im Konsens von dieser Regelung abzuweichen. Dieser Konsens hat aber spätestens mit dem Antrag der Kindesmutter auf Aussetzung des Umgangs ihr Ende gefunden.

Im Hinblick auf die weitere zu erwartende Verfahrensdauer wird das Familiengericht auch den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Hinblick auf das Umgangsrecht (vgl. § 156 Abs. 3 FamFG) zu prüfen haben.

Die Nichterhebung von Gerichtskosten und gerichtlichen Auslagen beruht auf § 20 FamGKG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes auf § 45 Abs. 1 Nr. 2 FamGKG.

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