Bei den angegebenen Entscheidungen handelt es sich u.U. um Einzelfälle, die nicht exakt auf andere Fälle angewendet werden können. Die Entscheidungen stellen daher lediglich eine Orientierungshilfe dar.

Welche Rechte hat der Mieter?

Nach § 535 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Die Mietsache ist in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Liegt ein Mangel der Mietsache vor, stellt sich die Frage, welche Rechte der Mieter gegenüber dem Vermieter hat.

Grundvoraussetzung neben dem Bestehen eines wirksamen Mietvertrages ist zunächst das Vorhandensein eines Mangels i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB.

Ein solcher liegt vor, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand nachteilig abweicht und deren Tauglichkeit zu dem von den Vertragspartnern vereinbarten Gebrauch aufhebt oder mindert

Prütting/Wegen/Weinreich/Feldhahn BGB, 6. Aufl. 2011, § 536 Rn. 7.

Beispielsweise kann ein Mieter erwarten, dass die Klingel- und Gegensprechanlage im Haus funktioniert, da diese eine unkomplizierte Kontaktaufnahme zwischen dem Besucher an der Haustür und den sich in der Wohnung befindlichen Personen ermöglicht. Ein Defekt derselben stellt somit einen Mangel dar i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB

vgl. LG Köln, Urt. v. 15.08.2007 – 10 S 333/06, zitiert nach juris; LG Berlin, Urt. v. 14.09.2006 – 62 S 90/06, Grundeigentum 2006, 1407.

Als weitere Voraussetzung neben dem Mangel muss grundsätzlich Verzug des Vermieters vorliegen. Insoweit ist der Mieter zunächst verpflichtet, dem Vermieter den Mangel anzuzeigen (§ 536c Abs. 1 BGB) und zwar unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern. Dies kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Wenn der Mieter den Mangel nicht oder nicht unverzüglich anzeigt, kann er sich u.U. sogar schadensersatzpflichtig machen.

Soweit der Vermieter infolge der Unterlassung der Anzeige nicht Abhilfe schaffen konnte, ist der Mieter gemäß § 536c Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB nicht berechtigt, die in § 536 BGB bestimmten Rechte geltend zu machen.

Warum ist es aber nun so, dass der Mieter den Mangel der Mietsache dem Vermieter zunächst anzeigen muss?

Dies liegt an der gesetzlichen Wertung im Mietvertragsrecht. Insoweit kommt dem Vermieter Vorrang bei der Beseitigung des Mangels zu. Er soll die Möglichkeit erhalten, die Mietsache daraufhin zu untersuchen, ob der behauptete Mangel besteht, auf welcher Ursache er beruht und auf welche Weise er beseitigt werden kann, und ggf. Beweise zu sichern. Diese Möglichkeit der Untersuchung und Beweissicherung verliert der Vermieter, wenn er nach der vom Mieter vorgenommenen Mängelbeseitigung im Rahmen der Geltendmachung eines Anspruchs aus § 539 I BGB vor „vollendete Tatsachen“ gestellt wird

BGH NJW 2008, 1216, 1217; ebenso KG BeckRS 2009, 20229; Dauner-Lieb/Dötsch NZM 2004, 641, 645 f.; Lange ZGS 2009, 442, 443 f.; PWW/Feldhahn a.a.O. § 536 a Rn. 1.

Hat der Mieter dem Vermieter sodann den Mangel rechtzeitig angezeigt, stehen ihm grundsätzlich folgende Rechte zu:

Beseitigung des Mangels, § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB

Der Mieter kann zunächst Beseitigung des Mangels verlangen.

Mietminderung gemäß § 536 BGB

Zudem kann der Mieter die Miete, die er gemäß § 535 Abs. 2 BGB an den Vermieter zahlen muss, wegen Mietminderung (§ 536 BGB) kürzen, sofern die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch wegen des Mangels nicht unerheblich beeinträchtigt ist.

Der BGH hat dazu ausgeführt:

„Da die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht vorzutragen

vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 1991 – XII ZR 47/90, NJW-RR 1991, 779 unter 2 c; BGH, Beschluss vom 11. Juni 1997 – XII ZR 254/95, WuM 1997, 488 unter b mwN; jeweils zu § 537 BGB aF, Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2011 – VIII ZR 125/11, aaO; BGH, Urteil vom 29. 2. 2012 – VIII ZR 155/11″

Der Mieter ist lediglich verpflichtet, dem Vermieter den Mangel anzuzeigen (s.o.). Die Höhe der Minderung ist abhängig vom Einzelfall. Sie muss angemessen sein.

Zurückbehaltung der Miete

Beseitigt der Vermieter den Mangel nicht, so kann der Mieter grundsätzlich (neben der Mietminderung) einen weiteren Teil der Miete einbehalten, sog. Druckzuschlag.

Das Zurückbehaltungsrecht / Druckzuschlag sollte zudem ausdrücklich gegenüber dem Vermieter erklärt werden.

Beachte: Nach h. M. ist die Berechtigung zur Zurückhaltung der Miete jedoch auf das ungefähr dreifache der geschätzten Reparaturkosten zu beschränken. Bei ganz geringfügigen Mängeln darf die Miete nicht zurückgehalten werden, vgl. § 320 Abs. 2 BGB.

Selbstvornahme/Aufwendungsersatz gemäß § 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB

Das Recht zur Selbstvornahme und Aufwendungsersatz gewährt § 536 a Abs. 2 BGB dem Mieter nur, wenn entweder der Vermieter mit der Mängelbeseitigung in Verzug geraten (Nr. 1) oder die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache (Nr. 2) geboten ist.

1. Verzug gem. § 536 a II Nr. 1 BGB

Der Verzug des Vermieters mit der Mängelbeseitigung setzt grundsätzlich eine vorherige erfolglose Mahnung i.S.v. § 286 Abs. 1 BGB voraus. Eine solche kann ausnahmsweise lediglich dann entbehrlich sein, wenn besondere Gründe den sofortigen Eintritt des Verzugs rechtfertigen, § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB.

Erfasst sind namentlich solche Fälle, in denen nur durch sofortige Leistung erhebliche Nachteile von Rechtsgütern des Gläubigers abgewendet werden können

Staudinger/Emmerich BGB, Neubearbeitung 2011, § 536 a Rn. 16.

Es muss sich um eine unaufschiebbare Notmaßnahme handeln, wie bspw. die Reparatur eines Rohrbruchs, eines beschädigten Daches oder der Heizung im Winter

vgl. Staudinger/Emmerich a.a.O. § 536 a Rn. 35.

Dann ist regelmäßig auch nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB keine Mahnung erforderlich, um den Vermieter nach § 536 a Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug zu setzen.

2. Notmaßnahme gem. § 536 a Abs. 2 Nr. 2 BGB

§ 536 a Abs. 2 Nr. 2 BGB berechtigt den Mieter zu Maßnahmen, die aufgrund der akuten Gefährdung der Mietsache keinen Aufschub mehr dulden. § 536 a Abs. 2 Nr. 2 BGB hat insoweit den Vorteil, dass das Selbstvornahmerecht nicht von einem Vertretenmüssen des Vermieters (siehe § 286 IV BGB) abhängt, an dem es fehlt, solange der Vermieter von dem Mangel nichts weiß und nichts wissen kann.

Beachte: Liegen die Voraussetzungen der Selbstvornahme nicht vor, so kann der Mieter ausnahmsweise doch Ersatz seiner Aufwendungen nach §§ 539 Abs. 1, 683, 670 BGB verlangen, wobei diese Vorschriften eng auszulegen sind.

Beachte dazu jedoch: BGH, VIII ZR 222/06, NJW 2008, 1216:

„Beseitigt der Mieter eigenmächtig einen Mangel der Mietsache, ohne dass der Vermieter mit der Mangelbeseitigung in Verzug ist (§ 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist (§ 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB), so kann er die Aufwendungen zur Mangelbeseitigung weder nach § 539 Abs. 1 BGB noch als Schadensersatz gemäß § 536a Abs. 1 BGB vom Vermieter ersetzt verlangen.“

Schadensersatz gemäß § 536a BGB

Entsteht dem Mieter durch den Mangel ein Schaden, so kann er diesen unter den Voraussetzungen des § 536 a Abs. 1 BGB ersetzt verlangen. Selbiges gilt bei einer verspäteten Mängelbeseitigung des Vermieters.

Nach dieser Vorschrift kann der Mieter bei Vorliegen eines Mangels in drei Fällen Schadensersatz verlangen:

  • der Mangel hat schon bei Überlassung der Mietsache vorgelegen (§ 536 Abs. 1, 1. Alt. BGB, kein Verschulden erforderlich, da insoweit Garantiehaftung)
  • der Mangel ist später aufgetreten und der Vermieter hat dies zu vertreten (§ 536 Abs. 1, 2. Alt. BGB, d. h. hier ist Verschulden erforderlich)
  • der Vermieter kommt mit der Beseitigung des Mangels in Verzug (§ 536 Abs. 1, 3. Alt. BGB, d. h. hier sind zusätzlich die Voraussetzungen von §§ 280 Abs. 2, 286 BGB, insbesondere i. d. R. eine Mahnung durch den Mieter, zu prüfen)

Kündigung des Mietverhältnisses, § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB

Sofern der Mangel erheblich ist und dem Mieter der Gebrauch der Mietwohnung ganz oder teilweise nicht gewährt wird, kann der Mieter den Mietvertrag u.U. außerordentlich kündigen, § 543 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB.

Kennt der Mieter bei Vertragsschluss den Mangel der Mietsache, so stehen ihm die Rechte aus den §§ 536 BGB und 536a BGB gemäß § 536b S. 1 BGB nicht zu. Ist ihm der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, so stehen ihm diese Rechte nur dann zu, wenn der Vermieter den Mangel arglistig gem. § 536b S. 2 BGB verschwiegen hat.

Berechnung der Mietminderung = Bruttomiete

Bemessungsgrundlage der Minderung nach § 536 BGB ist die Bruttomiete (Mietzins einschließlich aller Nebenkosten). Dabei ist unerheblich, ob die Nebenkosten als Pauschale oder Vorauszahlung geschuldet werden,

BGH, Urteil vom 6. April 2005 – XII ZR 225/03 -. So bereits LG Saarbrücken, NZM 1999, S. 757.

Beim Vorliegen von Mietmängeln besteht ein Zurückbehaltungerecht

Ferner steht dem Mieter gegenüber dem Vermieter zur Durchsetzung seines Erfüllungsanspruchs gem. § 536 BGB beim Vorliegen von Mängeln ein Zurückbehaltungsrecht / Leistungsverweigerungsrecht gem. § 320 BGB zu. Das Leistungsverweigerungsrecht aus § 320 BGB erfüllt auf dieser Weise seinen Zweck, als Druckmittel zur Mangelbeseitigung zu dienen

BGHZ 127, 245, 253.

Das Leistungsverweigerungsrecht besteht in diesem Fall bis zur Höhe des dreifachen Betrages der Mängelbeseitigungskosten,

LG Saarbrücken, NZM 1999, S. 757.

Beachte jedoch:

Wird vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, verliert der Mieter dem Veräußerer gegenüber sein Zurückbehaltungsrecht an der rückständigen Miete wegen eines Mangels der Mietsache, der vor der Veräußerung entstanden ist. Vom Zeitpunkt der Veräußerung an ist nur noch der Erwerber zur Mangelbeseitigung verpflichtet und kann der Mieter nur die Leistung der diesem geschuldeten Miete bis zur Mangelbeseitigung verweigern,

BGH, Urteil vom 19. Juni 2006 – VIII ZR 284/05.

Kein Verschulden des Vermieters erforderlich

Nach dem Gesetz spielt es keine Rolle, ob dem Vermieter ein Verschulden an den Fehlern der Mietsache trifft oder nicht. Wichtig ist allein, dass ein Mangel vorliegt.

Ausschluss der Mietminderung bei Verschulden des Mieters oder wegen Verstoßes gegen § 242 BGB

Die Geltendmachung einer Mietminderung ist jedoch ausgeschlossen, wenn der Mieter den Mangel selbst verschuldet hat. Bei selbst verschuldeten Mietmängeln durch den Mieter ist die Mietminderung daher ausgeschlossen.

Ausgeschlossen ist eine Mietminderung zudem dann, wenn die Mietsache nur unerheblich beeinträchtigt ist,

vgl. LG Frankfurt/Main WM 2000, 79.

Als unerheblich ist ein Fehler insbesondere dann anzusehen, wenn er leicht erkennbar ist und schnell und mit geringen Kosten beseitigt werden kann, so daß die Geltendmachung einer Minderung gegen Treu und Glauben verstößt,

BGH, Urteil vom 30. Juni 2004 – XII ZR 251/02 – BGHReport 2004, 1615, 1616); BGH, Urteil vom 6. April 2005 – XII ZR 225/03.

Beseitigung des Mangels ohne Wissen des Vermieters = Keine Kostenerstattung des Mieters ?

Beseitigt der Mieter eigenmächtig einen Mangel der Mietsache, ohne dass der Vermieter mit der Mangelbeseitigung in Verzug ist (§ 536a Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder die umgehende Beseitigung des Mangels zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Bestands der Mietsache notwendig ist (§ 536a Abs. 2 Nr. 2 BGB), so kann er die Aufwendungen zur Mangelbeseitigung weder nach § 539 Abs. 1 BGB noch als Schadensersatz gemäß § 536a Abs. 1 BGB vom Vermieter ersetzt verlangen,

BGH, Urteil vom 16. 1. 2008 – VIII ZR 222/06.

Fristlose Kündigung wegen falsch eingeschätzter Mietminderung

Hat der Mieter die Miete gemindert, weil irrtümlich Mängel der Mietsache angenommen worden sind, kann dem Mieter fristlos gekündigt werden, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen,

BGH, Urteil vom 4.2.2004 – VIII ZR 171/03 –

Mieter sollten daher in Zweifelsfällen die Miete bis zu einer Klärung des mutmaßlichen Mangels unter Vorbehalt weiterzahlen,

vgl. hierzu BGH, Urteil vom 11. Juli 2012 – VIII ZR 138/11.

Der BGH hat insoweit entschieden, dass auch im Rahmen des § 543 Abs. 2 BGB der Mieter die Nichtzahlung der Miete zu vertreten hat, wenn ihm Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt. Das ist der allgemeine Sorgfaltsmaßstab des § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB. Für eine mildere Haftung und damit eine Privilegierung des Mieters besteht auch in den Fällen kein Anlass, in denen der Mieter die Ursache eines Mangels, hier der Schimmelpilzbildung, fehlerhaft einschätzt. Der Mieter kann bei Zweifeln die Miete unter Vorbehalt zahlen, so dass ihm die Möglichkeit bleibt, eine gerichtliche Klärung seiner Rechte herbeizuführen, ohne dem Risiko einer fristlosen Kündigung ausgesetzt zu sein.

Schadensersatz gegen Nachbar aufgrund erlittener Mietminderung

Erlittene Mietminderung des Vermieters berechtigt zum Schadensersatzanspruch gegen den Nachbarn bei Störung

Nach dem Urteil des AG Köln vom 04.04.2001 – 130 C 275/00 -, RdW 2002, 186 führt ein unzumutbares Hundegebell auf dem Nachbargrundstück zur Minderung der Wohnungsmiete. Mindert der Mieter daraufhin die Miete, so kann der Vermieter vom Störer auf dem Nachbargrundstück Schadenersatz in Höhe der erlittenen Mietminderung beanspruchen.

Nach dem Urteil des Amtsgericht Köln steht dem Vermieter gegen den Eigentümer der Nachbarwohnung ein Schadenersatzanspruch gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 BGB zu. Insoweit haftet der Nachbar als Eigentümer des Nachbargrundstückes für von dort ausgehende Störungen des Eigentums des Vermieters, die von dessen Mietern ausgehen, wenn der Eigentümer des Nachbargrundstücks tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, die Störungen seiner Mieter zu unterbinden.

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