SG Bremen, Beschluss vom 14.12.2015 – S 18 AS 2085/15 ER

SOZIALGERICHT BREMEN

BESCHLUSS

In dem Rechtsstreit

D. K., Bremen,
Antragsteller,

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Beier & Beier, Gröpelinger Heerstraße 387, 28239 Bremen, Az.: – F/2015/050 (EA) –

gegen

Jobcenter Bremen, vertreten durch den Geschäftsführer, Doventorsteinweg 48 – 52, 28195 Bremen, Az.:
Antragsgegner,

hat die 18. Kammer des Sozialgerichts Bremen am 14. Dezember 2015 durch ihren Vorsitzenden, Richter am Sozialgericht R., beschlossen:

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers mit Schreiben vom 3.11.2015 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14.10.2015 wird angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers

GRÜNDE

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat Erfolg.

Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag durch Beschluss in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Das Gericht entscheidet über den Antrag nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG aufgrund einer Interessenabwägung, die sich an den Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens orientiert. Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene durch ihn in seinen subjektiven Rechten verletzt, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen, weil dann ein öffentliches Interesse oder Interesse eines Dritten an der Vollziehung nicht besteht. Ist die Klage hingegen aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist eine allgemeine Interessenabwägung vorzunehmen. Hier gilt der Grundsatz: Je größer die Erfolgsaussichten sind, umso geringer sind die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirkt. Gegenüberzustellen sind insoweit die Folgen, die eintreten würden, wenn die Eilentscheidung nicht erginge, die Klage aber später Erfolg hätte, und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. zu alledem Keller in Meyer-Ladewig / Keller / Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 12 ff. m. w. N.).

Im Rahmen der Interessenabwägung ist ferner die Wertung des § 39 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu berücksichtigen, wonach der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung der Individual- und öffentlichen Interessen dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug prinzipiell Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt. Eine Abweichung von diesem Regel-/Ausnahmeverhältnis kommt nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen oder wenn ausnahmsweise besondere Interessen überwiegen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25.3.2014, Az. L 15 AS 479/13 B ER).

Von diesen Maßstäben ausgehend, ist die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers mit Schreiben vom 3.11.2015 gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 14.10.2015 anzuordnen.

Widerspruch bzw. Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid haben nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung.

Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Sanktionsbescheides, da der der Sanktion zugrunde liegende Vermittlungsvorschlag vom 30.7.2015 nicht hinreichend bestimmt ist.

Ein Arbeitsangebot des Leistungsträgers muss in hinreichend bestimmter Weise die Art der Tätigkeit, ihren zeitlichen Umfang, die zeitliche Verteilung und die vorgesehene Entlohnung im Arbeitsangebot selbst bezeichnen, damit der Leistungsberechtigte anhand der Angaben die Zumutbarkeit des Arbeitsangebots prüfen kann (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl. 2013, § 31 Rn. 27 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Hier sind der zeitliche Umfang und die zeitliche Verteilung im Vermittlungsvorschlag vom 30.7.2015 selbst nicht derngemäß bezeichnet. Vielmehr enthält das Arbeitsangebot im Hinblick auf die Arbeitszeit lediglich folgende unspezifische Angaben: „Vollzeit; Teilzeit – flexibel; Teilzeit – ,Schicht; Schicht; Nachtarbeit; Wochenende; Heimarbeit/Telearbeit ; 40 Stunden pro Woche Mo-So 00:00-24:00 Uhr“.

HINWEIS

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 Euro nicht übersteigt und wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr nicht im Streit sind (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in Verbindung mit § 144 Abs. 1 SGG).

gez. R.
Richter am Sozialgericht

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