SG Bremen, Gerichtsbescheid vom 24.02.2017 – S 23 AS 1279/13

Sozialgericht Bremen
Im Namen des Volkes

Gerichtsbescheid

In dem Rechtsstreit

D. V. F., Bremen,
Kläger,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Beier & Beier, Gröpelinger Heerstraße 387, 28239 Bremen, Az.: – F/2015/052 –

gegen

Jobcenter Bremen, vertreten durch den Geschäftsführer, Doventorsteinweg 48 – 52, 28195 Bremen, Az.:
Beklagte,

hat die 23. Kammer des Sozialgerichts Bremen am 24. Februar 2017 durch ihre Vorsitzende, Richterin am Sozialgericht D., für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger 216,00 Euro zu zahlen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit der Klage die Auszahlung von 216,00 Euro.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 21.05.2013 für den Monat Mai 2013 Leistungen in Höhe von 848,50 Euro, darunter 216 Euro für Ernährungsmehrbedarf, den der Kläger nicht beantragt hatte. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Eine Auszahlung des bewilligten Mehrbedarfs erfolgte indes nicht.

Der Kläger hat daraufhin am 23.07.2013 Klage erhoben.

Er beantragt,

den ihm aufgrund des rechtskräftigen Änderungsbescheides des Jobcenters Bremen vom 21.05.2013 für Mai 2013 zustehenden Ernährungsmehrbedarf in Höhe von 216,00 Euro – Seite 3 des Bescheides – unverzüglich auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass es sich bei dem als Ernährungsmehrbedarf ausgewiesenen Betrag eine Bewilligung aus softwaretechnischen Gründen handele, die nicht gewollt gewesen sei. Dem Kläger sei auch möglich gewesen, dies zu erkennen. Ihm sei – was unstreitig ist – in einem einstweiligen Rechtsverfahren vor dem Sozialgericht Bremen (S 23 AS 612/13 ER) ein Mehrbedarf in Höhe von 1.362,00 Euro zugesprochen worden. Die Beklagte habe diesen Betrag auf die Monate Februar bis Mai 2013 in das Programm eingepflegt. Auf die Monate Februar und März 2013 seien jeweils 382,00 Euro verteilt worden und auf den Monat Mai 2013 216,00 Euro, insgesamt also 1.362,00 Euro. Dieser Betrag sei – was ebenfalls unstreitig ist – dem Kläger ausgezahlt worden. Da der Änderungsbescheid nach der Einpflegung des zugesprochenen Mehrbedarfs erlassen worden sei, erscheine er auf dem Bescheid.

Die Beklagte ist der Auffassung, aus den oben genannten Gründen zur Auszahlung des Betrages nicht verpflichtet zu sein.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 02.02.2017 sind die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte zum hiesigen Aktenzeichen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) konnte das Gericht im vorliegenden Fall ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten vor Erlass ordnungsgemäß angehört wurden.

Die statthafte reine Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Auszahlung weiterer 216,00 Euro aus dem Bescheid vom 21.05.2013.

Der Anspruch auf Auszahlung ergibt sich aus dem Verfügungssatz des rechtskräftig gewordenen und nicht zurückgenommenen Bescheides. Anders als die Beklagte meint, ist nicht entscheidend, was sie subjektiv gewollt hat oder was aus programmtechnischen Gründen erfolgt ist, sondern wie der Bescheid aus objektivem Empfängerhorizont (§ 133 BGB analog) heraus zu verstehen ist. Aus dem Bescheid geht objektiv eindeutig hervor, dass dem Kläger ein Ernährungsmehrbedarf in Höhe von 216,00 Euro bewilligt wurde. Dass der Kläger erkennen konnte, dass dies nicht gewollt sein kann, spielt nur dann eine Rolle, wenn die Beklagte – was ihr im Rahmen der gesetzlichen Fristen unproblematisch möglich gewesen wäre – den Verwaltungsakt insoweit zurückgenommen hätte. Da sie dies unterließ, ist ein etwaig fehlendes Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Bewilligung irrelevant. Auch keine Rolle spielen die Softwareprobleme der Beklagten. Diese ändern an dem objektiv eindeutigen Bescheid nichts. Aus dem Bescheid selbst geht mit keinem Wort hervor, dass die 216,00 Euro lediglich deklaratorisch in Bescheid ausgewiesen werden, tatsächlich aber nicht bewilligt werden sollen. Es wäre überdies ohne Weiteres möglich gewesen, den ausgewiesenen Ernährungsmehrbedarf in Höhe von 216.00 Euro aus dem Bescheid handschriftlich herauszustreichen, aber auch dies erfolgte nicht.

Aufgrund der ausdrücklichen Bewilligung eines (zusätzlichen) Ernährungsmehrbedarfs wirkte die Überweisung von 1.362,00 Euro aufgrund des Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 23 AS 612/13 ER nicht schuldbefreiend. Der Betrag in Höhe von 216.00 Euro für „Ernährungsmehrbedarf“ im Mai 2013 ist dem Kläger daher auszuzahlen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.

Rechtsmittelbelehrung

Dieser Gerichtsbescheid kann nicht mit der Berufung angefochten werden, weil sie gesetzlich ausgeschlossen und vom Sozialgericht nicht zugelassen worden ist.

Die Nichtzulassung der Berufung kann mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist bei dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Georg-Wilhelm-Straße 1, 29223 Celle oder bei der Zweigstelle des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Gerichtsbescheides schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Niedersächsischen Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz vom 21.10.2011 (Nds. GVBI. S. 367) in der jeweils aktuellen Fassung oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Beschwerde soll den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass

a. ) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
b. ) der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der oberen Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
c. ) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Ist der Gerichtsbescheid im Ausland zuzustellen, so gilt anstelle der oben genannten Monatsfrist eine Frist von drei Monaten.

Die Beteiligten können schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Bremen vom 18.12.2006 (Brem. GBl. S. 548) in der jeweils aktuellen Fassung oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb der Rechtsmittelfrist bei dem Sozialgericht Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen auch mündliche Verhandlung beantragen. Wird ein solcher Antrag rechtzeitig gestellt, so gilt der Gerichtsbescheid als nicht ergangen; andernfalls steht er einem rechtskräftigen Urteil gleich. Wird sowohl Beschwerde erhoben als auch mündliche Verhandlung beantragt, findet (nur) mündliche Verhandlung statt.

gez. D.
Richterin am Sozialgericht

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