Sozialgericht Bremen, Beschluss vom 17.07.2013 – S 21 AS 1066/13 ER

In dem Rechtsstreit


Antragsteller,

Prozessbevol Imächtigte:
zu 1-3: Rechtsanwälte Beier & Beier,
Gröpelinger Heerstraße 387, 28239 Bremen, Az.: – F/2013/028 (EA2) –

gegen

Jobcenter Bremen, vertreten durch den Geschäftsführer,
Doventorsteinweg 48 – 52, 28195 Bremen, Az.:
Antragsgegner,

hat die 21. Kammer des Sozialgerichts Bremen am 17. Juli 2013 durch ihren Vorsitzenden, Richter K., beschlossen:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.

Gründe:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist statthaft, aber unbegründet.

Nach § 86b Abs.2 Satz 2 SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer solchen Regelungsanordnung setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und dass die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Sowohl der Anordnungsanspruch als auch der Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs.2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 86b Abs.2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen.

Vorliegend fehlt es an einem Anordnungsgrund. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nicht (mehr) zur Abwendung wesentlicher Nachteile, insbesondere der Räumung der Wohnung durch die Antragsteller, erforderlich.

Die Antragsteller begehrten ursprünglich darlehensweise die Übernahme von Mietschulden in Höhe von 3.202,88 €. Mittlerweile hat der Antragsgegner 2.763,69 € im Rahmen des Eilverfahrens S 21 AS 925/13 ER direkt an die Vermieterin der Antragsteller überwiesen. Die verbleibenden Restschulden in Höhe von 439,19 € können aus die an die Antragsteller überwiesene weitere Nachzahlung in Höhe von 1.147,33 € beglichen werden. Für die Bewilligung eines Darlehens fehlt es daher jedenfalls an einem Anordnungsgrund, da der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Beseitigung der gegenwärtigen Notlage nicht (mehr) erforderlich ist. Die Antragstellerin zu 1. hat im Übrigen auch erklärt, die restlichen Mietschulden in Höhe von 439,19 € mit der Nachzahlung begleichen zu wollen. Soweit die Antragsteller sich ursprünglich darauf gestützt haben, dass dies aufgrund der Begleichung anderer Rechnungen/Schulden nicht möglich sei, dürfte dieser Vortrag mittlerweile gegenstandslos sein. In diesem Fall wäre nach Auffassung des Gerichts ohnehin der Rechtsgedanke anzuwenden gewesen, der sich aus der ständigen Rechtsprechung des Sozialgerichts Bremen zur Berücksichtigung von vergangenen Zeiträumen im Eilverfahren entwickelt hat. Danach ist ein Anordnungsgrund, also die Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Entscheidung grundsätzlich ausgeschlossen für Leistungen, die sich auf einen Zeitraum vor Antragstellung bei Gericht beziehen. Eine rückwirkende Gewährung von Leistungen kommt allenfalls nur dann in Betracht, wenn der Antragsteller einen besonderen Nachholbedarf glaubhaft macht oder die Nichtgewährung in der Vergangenheit in die Gegenwart fortwirkt und eine gegenwärtige Notlage bewirkt (so z.B. auch: LSG Hessen, Beschluss vom 20.06.2005, Az. L 7 AL 100/05 ER; Beschluss vom 19.09.2012, Az. L 7 AS 30/12 B ER; LSG Sachsen, Beschluss vom 31.01.2013, Az. L 7 AS 964/12 B E3; LSG Bayern, Beschluss vom 14.09.2012, Az. L 11 AS 533/12 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.03.2011, Az. L 13 AS 82/11 B ER). Analog dazu hätte hier also glaubhaft gemacht werden müssen, dass eine Begleichung der Mietschulden aufgrund des Fortwirkens der Nichtgewährung in der Vergangenheit nicht möglich ist. Dies haben die Antragsteller nicht getan. Sie haben lediglich unsubstantiiert vorgetragen andere Rechnungen/Schulden begleichen zu müssen.

Unerheblich für die Prüfung des Anordnungsgrundes ist die von den Antragstellern aufgeworfene materielle Rechtsfrage nach der Berücksichtigung von Nachzahlungen im Rahmen von § 22 Abs. 8 SGB II. Deren Beantwortung kann aufgrund des Fehlens der gegenwärtigen Notlage einem etwaigen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Das Gericht weist jedoch vorab bereits darauf hin, dass die vorliegenden Nachzahlungen wohl nicht als Vermögen im Sinne von § 12 SGB II zu qualifizieren sein dürften, da sie nicht vor Beginn des Leistungsbezuges zugeflossen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung. Das Gericht berücksichtigt dabei das Obsiegen und Unterliegen der Beteiligten sowie die Frage danach, wer Anlass für die Einlegung und (faktische) Erledigung des Eilantrages gegeben hat. Mangels Anordnungsgrund sind die Antragsteller in dem vorliegenden Verfahren der vollumfänglich unterlegene Beteiligte. Da der Antragsgegner jedoch durch die fortlaufende Minderleistung die Mietschulden und damit auch die Antragstellung bei Gericht weit überwiegend verursacht hat und eine Abhilfe hinsichtlich der Minderleistungen erst innerhalb des parallel eingelegten Eilverfahrens S 21 AS 925/13 ER zu einem Zeitpunkt erfolgte als auch das vorliegende Verfahren bereits bei Gericht anhängig war, sind ihm die notwendigen außergerichtlichen Kosten in voller Höhe aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde statthaft. Sie ist binnen eines Monats nach Zustellung beim Sozialgericht Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Georg-Wilhelm-Straße 1, 29223 Celle oder der Zweigstelle des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, Am Wall 198, 28195 Bremen schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

gez. K. Richter

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