Zwangsbegutachtung der Kindeseltern in Familiensachen: Rechtlich erlaubt?
Vorbemerkung:
Im nachfolgenden Aufsatz wird lediglich die rechtliche Situation im Bezug auf die Kindeseltern beschrieben. Die dargestellten Grundsätze gelten nicht für die Begutachtung des Kindes. Sofern die Kindeseltern einer Begutachtung ihres Kindes widersprechen sollten, hätte das Gericht über § 1666 BGB die Möglichkeit, das Kind dennoch begutachten zu lassen.
Ausgangslage:
Nach § 1666 Abs. 1 BGB hat das Familiengericht, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl eines Kindes gefährdet wird und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Als derartige Maßnahme kommt insbesondere auch die Entziehung des Rechts zur Aufenthaltsbestimmung als Teil des Personensorgerechts (§§ 1626 Abs. 1, 1631 Abs. 1 BGB) in Betracht. Voraussetzung für ein Eingreifen des Familiengerichts ist eine gegenwärtige, in einem solchen Maß vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung der Dinge eine erhebliche Schädigung des geistigen oder leiblichen Wohls des Kindes mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (Fn 1).
Die Frage, ob eine derartige Gefahr gegeben ist, kann das Familiengericht zumeist nicht ohne ein Familiengutachten beantworten, weshalb das Gericht dann eben ein solches Gutachten in Auftrag gibt.
Durch Beschluss wird bspw. die Frage an den Sachverständigen gestellt, ob
„die Kindesmutter (oder Kindesvater, oder die Kindeseltern) dazu in der Lage ist, das Kind zu erziehen und es seinen Bedürfnissen entsprechend zu fördern? Können bei einer etwaigen eingeschränkten Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter die Defizite durch Hilfemaßnahmen ausgeglichen/vermindert werden, um eine etwaige Gefährdung des Kindeswohls abzuwenden und welche Hilfemaßnahmen sind ggf. zu ergreifen? Wie ist die Bindung zwischen Mutter und Kind?“
Für die Kindeseltern stellt sich dann im familienrechtlichen Verfahren nicht selten die Frage, ob sie verpflichtet sind, an einer sachverständigen Begutachtung mitzuwirken. Weiter stellt sich die Frage, ob das Gericht eine Begutachtung der Eltern erzwingen kann, wenn diese eine Begutachtung ablehnen.
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts:
Im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 02.04.2009, 1 BvR 683/09 = FamRZ 2009, Seite 944 f. stellt das Gericht fest:
[…]
Denn die Mitteilung lässt befürchten, dass das Amtsgericht von einer Verpflichtung der Kindesmutter zur Mitwirkung bei der Begutachtung ausgeht. Dies stünde nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Danach fehlt es an einer den mit der Exploration verbundenen Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) rechtfertigenden verfassungsrechtlich gebotenen klaren und unmissverständlichen gesetzlichen Grundlage (BVerfGK 1, 167, 170 ff. = FamRZ 2004, 523). Das Gericht hat daher keine Befugnis, die Untersuchung der Beschwerdeführerin zu 1) zu erzwingen.
Bedenken begegnet auch der Hinweis, das Gericht könne bei mangelnder Mitwirkung an der Begutachtung nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung davon ausgehen, dass die Kindesmutter erziehungsungeeignet und -unfähig sei. Denn dies deutet darauf hin, dass das Amtsgericht den Charakter des vorliegenden Sorgerechtsverfahrens als ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Amtsermittlungsgrundsatz übersehen hat. Infolge der damit verbundenen Ermittlungspflicht des Gerichts ist den Beteiligten keine subjektive Beweislast (Beweisführungslast) auferlegt (vgl. Briesemeister, in: Jansen, FGG, 3. Aufl. 2006, § Rn. 13). Zudem geht das Amtsgericht offenbar davon aus, der Kindesmutter obliege die Feststellungslast für ihre Erziehungseignung und -fähigkeit. Dies entspricht jedoch nicht der Rechtslage. Zwar richten sich die Folgen der Nichtfeststellbarkeit einer Tatsache im Amtsermittlungsverfahren nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast (Feststellungslast) (vgl. Briesemeister, in: Jansen, FGG, 3. Aufl. 2006, § 12 Rn. 13). Kann in einem Verfahren nach § 1666 BGB aber der gesetzliche Tatbestand für den Grundrechtseingriff, nämlich die Gefährdung des Kindeswohls und das Fehlen von Gefahrabwendungswille und -fähigkeit der Eltern, nicht festgestellt werden so müssen entsprechende Maßnahmen unterbleiben (vgl. Briesemeister, in: Jansen, FGG, 3. Auf!. 2006, § 12 Rn. 15).
In Beschluss vom 20. 5. 2003 – 1 BvR 2222/01 (Lexetius.com/2003,3813) stellt das BVerfG weiter fest:
[…]
Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Dieses Recht schützt grundsätzlich vor der Erhebung und Weitergabe von Befunden über den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter (vgl. BVerfGE 32, 373 [378 ff.]; 44, 353 [372 f.]; 65, 1 [41 f.]; 78, 77 [84]; 84, 192 [194 f.]; 89, 69 [82]; vgl. auch Fehnemann, FamRZ 1979, S. 661, 662 f.). Der Schutz ist umso intensiver, je näher die Daten der Intimsphäre des Betroffenen stehen, die als unantastbarer Bereich privater Lebensgestaltung gegenüber aller staatlichen Gewalt Achtung und Schutz beansprucht (vgl. BVerfGE 32, 373 [378 f.]; 65, 1 [45 f.]; 89, 69 [82]).
Der angeordnete, in den Räumen des Sachverständigen und unter dessen Beaufsichtigung durchzuführende Umgang des Beschwerdeführers mit seinem Kind sollte der Erstellung eines ergänzenden Gutachtens dienen. Hierfür wäre die Erhebung von Befunden erforderlich gewesen, die nicht nur das Kind, sondern auch den Beschwerdeführer betroffen hätte. Der Sachverständige hätte untersuchen müssen, wie der Beschwerdeführer – der eine Verhaltensbeobachtung gegenüber dem Sachverständigen wiederholt abgelehnt hat – sich seinem ihm noch unbekannten Kind gegenüber verhält. Eine solche Exploration erfasst sehr persönliche Angelegenheiten, Denkweisen und Verhaltensweisen des Beschwerdeführers, die Rückschlüsse auf seine seelische Verfassung und seinen Charakter zulassen und damit den Schutzbereich seines Persönlichkeitsrechts berühren. In diesen Schutzbereich hat das Oberlandesgericht durch die Anordnung sowie die Androhung eines Zwangsgeldes eingegriffen, denn dadurch sollte der Beschwerdeführer zu dem vom Gericht bestimmten Verhalten angehalten werden (vgl. zum Eingriffscharakter BVerfGE 74, 264 [282]; 89, 69 [84]).
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist nicht absolut geschützt. Vielmehr muss jeder Bürger staatliche Maßnahmen hinnehmen, die im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit auf gesetzlicher Grundlage unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots getroffen werden, soweit sie nicht den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung beeinträchtigen (vgl. BVerfGE 32, 373 [379]; 65, 1 [44]; 89, 69 [84]). Aus der gesetzlichen Grundlage müssen sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Bürger erkennbar ergeben (vgl. BVerfGE 65, 1 [44]). In grundlegenden normativen Bereichen hat der Gesetzgeber dabei alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen (vgl. BVerfGE 61, 260 [275]; 88, 103 [116]).
An einer solchen verfassungsrechtlich gebotenen klaren und unmissverständlichen gesetzlichen Grundlage fehlt es für den hier vorliegenden weitreichenden Eingriff. Die Anordnung, die den Betroffenen zwingt, sich im Rahmen eines sorge- bzw. umgangsrechtlichen Verfahrens psychologisch untersuchen zu lassen und zu diesem Zweck bei einem Sachverständigen zu erscheinen, kann sich auf keine sie legitimierende Gesetzesnorm stützen (vgl. hierzu auch OLG Koblenz, FamRZ 2000, S. 1233; OLG Karlsruhe, FamRZ 1993, S. 1479 [1480]; OLG Hamm, 1. FamS, FamRZ 1982, S. 94 [95]; 4. FamS, FamRZ 1981, S. 706 [707]; BayObLG, FamRZ 1979, S. 737 [739]; OLG Stuttgart, OLGZ 1975, 132 ff.; Schmidt, in: Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 14. Aufl., § 15 Rz. 49; Bassenge/Herbst, FGG/RPflG, 8. Aufl., § 15 Rz. 31; Jansen, FGG I. Bd., 2. Aufl., § 12 Rz. 68; Weychardt, ZfJ 1999, S. 326 [332]; Säcker, FamRZ 1971, S. 81 [83, 84]). Als Ermächtigungsgrundlagen können weder § 33 FGG noch § 1684 Abs. 1 BGB bzw. §§ 12, 15 Abs. 1 FGG herangezogen werden.
Keine Erzwingung eines Familiengutachtens:
Eine sachverständige Exploration berührt den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG), welches grundsätzlich vor einer Erhebung und Weitergabe von Befunden über den Gesundheitszustand, die seelische Verfassung und den Charakter schützt. Dieses Recht ist zwar nicht absolut geschützt, vielmehr sind Eingriffe grundsätzlich zulässig, sofern nur der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt wird. Allerdings erfordern Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht daher eine klare und unmissverständliche gesetzliche Grundlage.
In Ermangelung einer derartigen Ermächtigungsgrundlage kann niemand gezwungen werden, sich körperlich oder psychiatrisch/psychologisch untersuchen zu lassen und zu diesem Zweck bei einem Sachverständigen zu erscheinen. Daher kann eine Untersuchung der Kindeseltern vom Gericht durch den Sachverständigen/ Gutachter auch nicht erzwungen werden.
Keine Feststellungslast zu Lasten der Eltern:
Lassen sich die Kindeseltern nicht vom Sachverständigen begutachten, darf daraus keine materielle Feststellungslast zu Lasten der Kindeseltern hergeleitet werden. Vielmehr müssen, wenn in einem Verfahren nach § 1666 BGB die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm nicht festgestellt werden können, entsprechende Maßnahmen unterbleiben (Fn 2).
An dieser Feststellungslast des Staates vermag der Umstand, dass die Kindeseltern die Begutachtung verweigern, nichts zu ändern. Dieser Umstand darf zudem auch nicht nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung im Rahmen der Beweiswürdigung berücksichtigt werden (Fn 3).
Zwar können die Grundsätze der Beweisvereitelung auch im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend anwendbar sein, ohne dass dem der Amtsermittlungsgrundsatz entgegenstünde (Fn 4). Danach kann es Beweiserleichterungen bis hin zur Umkehr der Beweis- bzw. Feststellungslast zur Folge haben, wenn jemand seinem beweispflichtigen Gegner die Beweisführung schuldhaft erschwert oder unmöglich macht (Fn 5). Dabei vermag aber nur ein vorwerfbares, missbilligenswertes Verhalten den Vorwurf der Beweisvereitelung zu tragen, also ein Verhalten, das wider Treu und Glauben erfolgt und nach dem allgemeinen Rechtsempfinden als verwerflich erscheint (Fn 6).
Diese Grundsätze können indes nicht herangezogen werden. Darin, dass die Kindeseltern die Mitwirkung an einer Begutachtung verweigern, kann kein missbilligenswertes Verhalten gesehen werden. Wie vorstehend ausgeführt wurde, berührt eine sachverständige Exploration das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Betroffenen, weshalb sich die Weigerung der Kindeseltern letztlich als Ausübung ihrer Grundrechte darstellt. Würde ihre Weigerung als ein missbilligenswertes Verhalten gewertet, welches beweisrechtliche Nachteile nach sich zöge, läge in dieser Würdigung zugleich ein ungerechtfertigter Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kindeseltern (Fn 7).
Das Familiengericht und der Amtsermittlungsgrundsatz:
Sind die Kindeseltern danach nicht verpflichtet, sich im Familienverfahren begutachten zu lasse und kann diese Begutachtung auch nicht gerichtlich erzwungen werden, stellt sich die Frage, wie das Familiengericht weiterverfahren muss, um alle gebotenen Ermittlungsansätze ausschöpfen zu können, um so seine Pflicht zur Amtsermittlung (§ 26 FamFG) auch nachzukommen zu können.
Der Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet das Gericht insoweit, im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens alle zur Aufklärung des Sachverhalts dienlichen Ermittlungen anzustellen. Zwar braucht nicht jeder nur denkbaren Möglichkeit nachgegangen zu werden. Eine Aufklärungs- und Ermittlungspflicht besteht jedoch insoweit, als das Vorbringen der Beteiligten und der Sachverhalt als solcher bei sorgfältiger Prüfung hierzu Anlass geben. Die Ermittlungen sind erst dann abzuschließen, wenn von weiteren Ermittlungen ein sachdienliches, die Entscheidung beeinflussendes Ergebnis nicht mehr zu erwarten ist (Fn 8).
Besondere Anforderungen an die tatrichterliche Sachaufklärung gelten in kindschaftsrechtlichen Familiensachen und insbesondere in Verfahren betreffend die Entziehung der elterlichen Sorge gemäß § 1666 BGB. Denn die verfassungsrechtliche Dimension von Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 GG beeinflusst auch das Verfahrensrecht und seine Handhabung im Kindschaftsverfahren. Das gerichtliche Verfahren muss in seiner Ausgestaltung dem Gebot effektiven Grundrechtsschutzes entsprechen, weshalb insbesondere die zur Verfügung stehenden Aufklärungs- und Prüfungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden müssen (Fn 9). Das bedeutet nicht nur, dass die Verfahrensgestaltung den Elternrechten Rechnung tragen muss.
Vielmehr steht das Verfahrensrecht auch unter dem Primat des Kindeswohls, zu dessen Schutz der Staat im Rahmen seines Wächteramtes gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG verpflichtet ist (Fn 10). Die Gerichte müssen ihr Verfahren so gestalten, dass sie möglichst zuverlässig die Grundlage einer am Kindeswohl orientierten Entscheidung erkennen können (Fn 11).
Sind demnach in Kindschaftsverfahren die Anforderungen an die tatrichterliche Sachverhaltsaufklärung gesteigert, so kann insbesondere die Weigerung eines Beteiligten, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, nicht ohne Konsequenzen für das Verfahren bleiben (Fn 12). Vielmehr ist das Tatgericht hier in besonderer Weise gehalten, die vorhandenen Ermittlungsmöglichkeiten auszuschöpfen und auf diese Weise nach Möglichkeit zu vermeiden, dass sich die Grundsätze der Feststellungslast zu Lasten des Kindes auswirken (Fn 13). Diesen gesteigerten Anforderungen an die Amtsermittlung muss das Familiengericht daher beachten.
Die Konkretisierung durch den Bundesgerichtshof:
Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 17. 2. 2010 – XII ZB 68/09; OLG München (Lexetius.com/2010,516) die gesteigerten Anforderungen des Familiengerichts an die Amtsermittlung konkretisiert:
Danach müsse das Familiengericht prüfen, ob es die Kindeseltern in Anwesenheit eines Sachverständigen gerichtlich anhöre und hierzu das persönliche Erscheinen der Kindeseltern anordne und gegebenenfalls gemäß § 33 FamFG erzwinge. Der BGH erwachtet diese Vorgehensweise mit der insofern ganz herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Lehre als grundsätzlich zulässig an (Fn 14). Zwar sei auch mit einer Erzwingung des persönlichen Erscheinens vor Gericht zum Zwecke der Anhörung in Anwesenheit eines Sachverständigen ein Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen des Betroffenen – insbesondere in dessen Allgemeines Persönlichkeitsrecht – verbunden. Allerdings sei dieser Eingriff vorliegend gerechtfertigt, insbesondere sei hierfür eine gesetzliche Grundlage vorhanden.
Während der Betroffene mangels gesetzlicher Grundlage nicht gezwungen werden könne, vor einem Sachverständigen zum Zwecke der Exploration zu erscheinen, stehe dem Gericht eine Ermächtigungsgrundlage zur Verfügung, wenn es das persönliche Erscheinen des Betroffenen zum Zwecke der gerichtlichen Anhörung erzwingen wolle, so die ganz herrschende Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung und Lehre (Fn 15). Für seit dem 1. September 2009 eingeleitete Verfahren regele § 33 FamFG ausdrücklich die Anordnung und Durchsetzung des persönlichen Erscheinens. Aber auch das bis zum 31. August 2009 gültige Verfahrensrecht enthalte insoweit eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht werdende Grundlage. Die zum 1. Juli 2008 in Kraft getretene Vorschrift des § 50e FGG sehe insbesondere in Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls eine Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beteiligten vor. Werde einem Beteiligten durch gerichtliche Verfügung aufgegeben, persönlich zu erscheinen, könne sich diese gerichtliche Verfügung daher auf eine gesetzliche Grundlage stützen, weshalb sie ihrerseits mit den Mitteln des § 33 FamFG zwangsweise durchgesetzt werden könne (Fn 16).
Darüber hinaus sei ebenfalls eine gesetzliche Grundlage für den Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht gegeben, welcher darin liege, dass das Gericht die Anhörung zwar in Anwesenheit eines Sachverständigen, allerdings ohne Befragung durch den Sachverständigen durchführe und dass es mit Hilfe des Sachverständigen aus den Äußerungen und dem Verhalten des Betroffenen Rückschlüsse auf dessen Erziehungseignung ziehe. Eine derartige gesetzliche Grundlage sei in § 33 FamFG i. V. mit dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung zu sehen (§ 286 ZPO), der über § 37 FamFG auch im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung finde (Fn 17). Danach gehöre es im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit zu den Aufgaben des Tatrichters, den gesamten Verfahrensstoff zu würdigen, wozu nicht nur die Ergebnisse der Beweisaufnahme, sondern insbesondere auch die Erklärungen und Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten sowie der von ihnen hinterlassene persönliche Eindruck gehörten (Fn 18). Der Richter sei folglich unter anderem befugt, aus den Äußerungen und dem Verhalten eines Beteiligten im Rahmen seiner gerichtlichen Anhörung – ebenso wie aus sonstigen unstreitigen oder festgestellten Umständen – Schlüsse zu ziehen, welche seine Erziehungseignung beträfen. Fehle indes dem Richter die notwendige Sachkunde, um diese Schlüsse selbst zu ziehen, umfasse der Grundsatz der freien Würdigung auch die Befugnis, sich insoweit der Hilfe eines Sachverständigen zu bedienen. Dieser sei lediglich Gehilfe des Richters, der ihm die notwendige Sachkunde vermittele. Der mit der Würdigung einhergehende Eingriff in die Rechte des Beteiligten werde durch die Hinzuziehung des Sachverständigen nicht intensiviert. Ein mit einer Exploration vergleichbarer Eingriff sei damit nicht verbunden.
Schließlich verstoße der Eingriff in die Rechte der Kindeseltern, welcher in der Anordnung und Erzwingung des persönlichen Erscheinens und in ihrer Anhörung in Anwesenheit eines Sachverständigen zu sehen sei, auch nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Hierbei sei zunächst zu beachten, dass ein Beteiligter im Rahmen der gerichtlichen Anhörung nicht zur Äußerung gezwungen werden könne (Fn 19), weshalb der Eingriff in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht weniger schwer wiege. In diesem Umfang trete das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Elternteils jedenfalls dann hinter dem mit Verfassungsrang ausgestalteten staatlichen Wächteramt (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG) zurück, wenn dieser in Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls die Mitwirkung an der Begutachtung verweigere, ohne Einbeziehung dieses Elternteils aber keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 1666 BGB gewonnen werden könne. Denn in solchen Fällen stelle die gerichtliche Anhörung des Elternteils in Anwesenheit des Sachverständigen eine wichtige Möglichkeit für das Gericht dar, der aus § 26 FamFG (ehemals § 12 FGG) folgenden Aufklärungspflicht nachzukommen und dem Wächteramt des Staates auch verfahrensrechtlich gerecht zu werden.
Begutachtung aufgrund des gesamten Verfahrensstoffes:
Ergänzend zur Anhörung der Kindeseltern in Anwesenheit des Sachverständigen sei das Familiengericht aufgrund seiner Amtsermittlungspflicht gehalten, den Sachverständigen zu einer Begutachtung auf der Grundlage des gesamten Verfahrensstoffes zu veranlassen. Hiervon könne auch nicht deshalb abgesehen werden, weil insoweit sachdienliche Erkenntnisse nicht zu erwarten seien (Fn 20). Weitere mögliche Anknüpfungstatsachen könnten nicht von vornherein die Eignung abgesprochen werden, die Rückschlüsse auf die Erziehungsfähigkeit der Kindeseltern zuließen.
Exemplarisch betont der BGH insoweit ein Verhalten der Kindeseltern anlässlich stattgefundener (begleiteter) Umgangstermine oder die Verweigerung der Eltern zu Umgängen mit den Kindern, so dass ein Kontakt zwischen Eltern und Kind über längere Zeit hinweg nicht zustande gekommen sei. Auch eine Verweigerungshaltung der Kindeseltern könne berücksichtigt werden. Insbesondere könnte eine solche Haltung die Schlussfolgerung nahe legen, dass die Eltern ihre eigenen Bedürfnisse über das Wohl des Kindes stellen würden. Auch seien der Entwicklungsstand und die Verhaltensweisen der Kinder vor, während und nach ihrer Inobhutnahme als Anknüpfungstatsachen heranzuziehen. Dabei sei auch zu klären, ob und inwieweit sich die Verhaltensweisen lediglich als Reaktion auf die Inobhutnahme darstellen würden.
Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens:
Das Familiengericht habe im Rahmen der Amtsermittlung weiter zu prüfen, ob ein neues familienpsychologisches Gutachten im Bezug auf die Kinder einzuholen sei.
Sofern die Kindeseltern einer Begutachtung ihrer Kinder wiedersprächen, müsse das Familiengericht Maßnahmen bspw. nach § 1666 BGB in Erwägung ziehen, die eine Begutachtung der Kinder gegen den Willen der Eltern ermöglichen könne.
Ein Gutachten ist allerdings dann nicht verwertbar, wenn die psychologische Begutachtung des Kindes erfolgt, ohne dass die erforderliche Zustimmung der Sorgeberechtigten vorliegt (Fn 21). Dies jedenfalls dann, wenn von Seiten des Gerichts keine Maßnahmen ergriffen werden, die eine Begutachtung gegen den Willen der Mutter ermöglichen würde.
Zudem ist das Familiengericht befugt, auch gegen den Willen der sorgeberechtigten Eltern die Kinder in Anwesenheit und unter Mitwirkung des Sachverständigen gerichtlich anzuhören (Fn 22). Hiermit verbundene Eingriffe in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes und in das Elternrecht der Kindeseltern wären dabei auf der gesetzlichen Grundlage der §§ 26 FamFG, 286 ZPO gedeckt. Zudem besteht für das Familiengericht die Möglichkeit, die Zustimmung der Kindeseltern zur Begutachtung gemäß § 1666 Abs. 3 BGB zu ersetzen (Fn 23). Müsste das Gericht ohne psychologische Begutachtung des Kindes von Maßnahmen nach § 1666 BGB absehen, obwohl es eine Kindeswohlgefährdung nicht ausschließen könnte, wird eine Begutachtung regelmäßig zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung erforderlich sein (Fn 24).
Fazit:
Da es eine gesetzliche Grundlage für eine „Zwangsbegutachtung“ der Kindeseltern in familienrechtlichen Verfahren nicht gibt, sind die Kindeseltern auch nicht verpflichtet, an einer sachverständigen Begutachtung mitzuwirken. Eine Zwangsbegutachtung stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht dar. Auch das neue FamFG bietet keine gesetzliche Grundlage für eine „Zwangsbegutachtung“, weshalb das Gericht eine Begutachtung der Eltern auch nicht erzwingen kann.
Auch wenn die Kindeseltern durch gerichtliche Anordnung gezwungen werden können, zum gerichtlichen Termin zu erscheinen – ggf. unter Anwesenheit eines Sachverständigen -, können diese im Rahmen der gerichtlichen Anhörung jedoch nicht zur Äußerung gezwungen werden, so dass eine „Begutachtung“ der Eltern im Termin durch den Sachverständigen gleichwohl nicht erfolgen kann, sofern die Eltern sich nicht äußern.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 02.04.2009, 1 BvR 683/09 nochmals klargestellt, dass nicht Eltern für Ihre Erziehungsfähigkeit beweispflichtig sind (welche ohnehin mit seriösen wissenschaftlichen Methoden nicht festzustellen ist), sondern dass Jugendämter in der Beweispflicht stehen, wenn sie glauben, dass die elterliche Erziehung das Kindeswohl gefährdet.
Es muss in jedem Verfahren abgewogen werden, ob die Kindeseltern einer Begutachtung durch einen Sachverständigen zustimmen oder nicht. Die Frage hierauf kann und sollte niemals pauschal beantwortet werden!
Kommt man zu dem Schluss, dass sich die Kindeseltern nicht begutachten lassen möchten, so sollte dies rechtzeitig dem Gericht mitgeteilt werden. Etwa wie folgt:
Es wird erklärt, dass die Kindeseltern unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 2222/01 vom 20.5.2003, abrufbar im Internet unter http://www.bverfg.de/entscheidungen/ rk20030520_1bvr222201.html die Begutachtung verweigern. Die Kindeseltern werden sich insoweit nicht begutachten lassen und demnach an der Begutachtung auch nicht mitwirken.
Verfasser
Rechtsanwalt Heino Beier
Soziatät Beier & Beier
Gröpelinger Heerstraße 387
28239 Bremen
https://kanzleibeier.eu/
Fußnoten:
Fn 1: BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2004 – XII ZB 166/03 – FamRZ 2005, 344, 345 m. w. N.
Fn 2: BVerfG FamRZ 2009, 944, 945; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt FGG 15. Aufl. § 12 Rdn. 214.
Fn 3: Vgl. BVerfG FamRZ 2009, 944, 945; a. A. OLG Naumburg FamRZ 2006, 282; OLG Koblenz FamRZ 2000, 1233; OLG Karlsruhe FamRZ 1993, 1479, 1480.
Fn 4: BGH vom 1. April 2009 – XII ZB 46/08 – FamRZ 2009, 1130, 1132 zum Versorgungsausgleich; OLG Hamm NJW-RR 1996, 1095, 1096; OLGZ 1967, 74, 79 jeweils zum Erbscheinverfahren; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt aaO § 12 Rdn. 216; zum neuen Prozessrecht vgl. Prütting/Helms/Prütting FamFG § 27 Rdn. 10.
Fn 5: BGH Urteil vom 23. Oktober 2008 – VII ZR 64/07 – NJW 2009, 360, 361 f. m. w. N.
Fn 6: BGH Beschluss vom 26. September 1996 – III ZR 56/96 – NJW-RR 1996, 1534; Senatsurteil vom 27. Januar 1988 – IVb ZR 82/86 – FamRZ 1988, 482, 485.
Fn 7: Sauer FamRZ 2005, 1143, 1144; vgl. auch BVerfGE 89, 69, 84.
Fn 8: BGH Beschlüsse vom 24. November 1993 – BLw 53/92 – WM 1994, 265, 266 und BGHZ 40, 54, 57; Rahm/Künkel/Schneider Handbuch des Familiengerichtsverfahrens Rdn. III B 58; Keidel/Sternal FamFG 16. Aufl. § 26 Rdn. 16 f.
Fn 9: BVerfG FamRZ 2009, 399, 400; FamRZ 2002, 1021, 1023.
Fn 10: Rahm/Künkel/Schneider aaO Rdn. III B 61; Leibholz/Rinck Grundgesetz Art. 6 Rdn. 637 ff.
Fn 11: BVerfG FamRZ 2009, 399, 400.
Fn 12: Vgl. BVerfG FamRZ 2004, 1166, 1168.
Fn 13: Vgl. Rahm/Künkel/Schneider aaO Rdn. III B 61.
FN 14: KG OLGZ 1988, 418, 421 ff.; BayObLG BayObLGZ 1972, 201, 204; 1970, 114, 116; OLG Hamm OLGZ 1968, 239, 242 f.; Bassenge/Roth FGG 11. Aufl. § 15 Rdn. 34; Böhm DAVorm 1985, 731, 733, 736; Bumiller/Winkler FGG 8. Aufl. § 33 Rdn. 7; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt FGG 15. Aufl. § 15 Rdn. 49; Säcker FamRZ 1971, 81, 83; Sauer FamRZ 2005, 1143, 1144; a. A. noch Jansen FGG 2. Aufl. § 12 Rdn. 68.
Fn 15: Vgl. OLG Zweibrücken MDR 2008, 570; OLG Bremen FamRZ 1989, 306; KG OLGZ 1988, 418, 422; BayObLG BayObLGZ 1970, 114, 117 f.; OLG Hamm OLGZ 1968, 239, 242; Bumiller/Winkler aaO § 33 Rdn. 7; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt aaO § 12 Rdn. 191, Keidel/Kuntze/Winkler/Engelhardt aaO § 50a Rdn. 16; Rahm/Künkel/Schneider aaO Rdn. III B 71; a. A. Jansen/Briesemeister FGG 3. Aufl. § 12 Rdn. 95.
Fn 16: Vgl. zu dieser Voraussetzung des § 33 FGG BVerfG FamRZ 2004, 523.
Fn 17: Bumiller/Winkler FGG 8. Aufl. § 15 Rdn. 20; Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt FGG 15. Aufl. § 12 Rdn. 207 und § 15 Rdn. 63.
Fn 18: Keidel/Kuntze/Winkler/Schmidt FGG 15. Aufl. § 12 Rdn. 207 m. w. N.; vgl. auch Keidel/Meyer-Holz FamFG 16. Aufl. § 37 Rdn. 9.
Fn 19: OLG Hamm OLGZ 1968, 239, 243; Bassenge/Roth FGG 11. Aufl. § 15 Rdn. 34; Säcker FamRZ 1971, 81, 83
Fn 20: Siehe zu dieser Einschränkung der Amtsermittlung BGH Beschluss vom 24. November 1993 – BLw 53/92 – WM 1994, 265, 266.
Fn 21: Vgl. OLG Frankfurt FF 2000, 176; Rahm/Künkel/Schneider aaO Rdn. III B 73; Vogel FPR 2008, 617.
Fn 22: OLG Frankfurt FF 2000, 176, 177; OLG München FamRZ 1997, 45.
Fn 23: Vgl. OLG Brandenburg OLGR 2008, 692, 693 = FamRZ 2008, 2147 (LS); OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1210, 1211; Rahm/Künkel/Schneider aaO Rdn. III B 73; Staudinger/Coester BGB [2009] § 1666 Rdn. 224; Vogel FPR 2008, 617.
Fn 24: Siehe zu dieser Voraussetzung des § 1666 Abs. 3 BGB; vgl. OLG Brandenburg OLGR 2008, 692, 693; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1210, 1211; OLG Frankfurt FF 2000, 176.
Siehe auch
BVerfG, Beschluss vom 20. 5. 2003 – 1 BvR 2222/01 = http://lexetius.com/2003,3813
BGH, Beschluss vom 17. 2. 2010 – XII ZB 68/09; OLG München = http://lexetius.com/2010,516
Update 12.02.2012
BGH, Beschluss vom 09.11.2011 – XII ZB 286/11 –
Wenn durch das Gericht ein Sachverständigengutachten eingeholt wird und das Gericht seine Entscheidung darauf stützt, so muss dieses den formalen Anforderungen des § 280 FamFG genügen.
“ Das gemäß § 280 FamFG im Betreuungsverfahren einzuholende Sachverständigengutachten muss so gefasst sein, dass das Gericht es auf seine wissenschaftliche Begründung, seine innere Logik und seine Schlüssigkeit hin überprüfen kann (im Anschluss an den Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 – XII ZB 256/10 – FamRZ 2011, 637 Rn. 12 mwN).
Wurde der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen zum Anhörungstermin weder geladen noch hiervon benachrichtigt, leidet die Anhörung an einem Verfahrensfehler, der eine erneute Anhörung – ggf. durch das Beschwerdegericht – erforderlich macht.“
Aus den Gründen:
(…) Wenn aber ein Sachverständigengutachten eingeholt wird und das Gericht seine Entscheidung darauf stützt, so muss dieses den formalen Anforderungen des § 280 FamFG genügen. Das Gutachten muss daher Art und Ausmaß der Erkrankung im Einzelnen anhand der Vorgeschichte, der durchgeführten Untersuchung und der sonstigen Erkenntnisse darstellen und wissenschaftlich begründen. Diese Anforderungen an den Inhalt des Sachverständigengutachtens sollen gewährleisten, dass das Gericht seiner Pflicht, das Gutachten auf seine wissenschaftliche Begründung, seine innere Logik und seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen, nachkommen kann. Nur dann ist das Gericht in der Lage, sich eine eigene Meinung von der Richtigkeit der vom Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerung zu bilden (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 XII ZB 256/10 – FamRZ 2011, 637 Rn. 12 mwN).
Anlass zu Bedenken ergeben sich bereits daraus, dass der Sachverständige die im Strafverfahren getroffene Diagnose übernommen hat, ohne sich damit auseinanderzusetzen, dass die bis dahin im Betreuungs- bzw. Unterbringungsverfahren eingeholten Gutachten hiervon deutlich abwichen. So ist der Sachverständige in seinem Gutachten vom 28. November 2006 selbst noch davon ausgegangen, dass der Betroffene an einer chronischen paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie mit zunehmendem Residuum leide. Eine Begründung, warum die früheren Diagnosen unzutreffend gewesen seien, lässt das Gutachten vermissen. Dementsprechend fehlt es auch an einer wissenschaftlichen Begründung der nun getroffenen Diagnose.
Hinzu kommt, dass der Sachverständige auch in seiner ergänzenden Stellungnahme nicht im Einzelnen unterschieden hat, auf welche konkreten Unersuchungsergebnisse er welche seiner Feststellungen zum psychischen Zustand des Betroffenen stützt. Zutreffend legt das Beschwerdegericht in dem angefochtenen Beschluss dar, dass er hierfür lediglich pauschal auf das aktenkundige Verhalten des Betroffenen in der Vergangenheit verwiesen habe. Damit war dem Beschwerdegericht indes die Möglichkeit genommen, das Gutachten auf seine innere Logik und seine Schlüssigkeit hin zu überprüfen.
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